Fränkel, Frieda
Nachname: | Fränkel |
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Vorname: | Frieda |
abweichender Name: | Fränkl; Frenkil |
geborene: | Weiss |
Geburtsdatum: | 24. Januar 1895 |
Geburtsort: | Kolbuszowa/Galizien (Österreich-Ungarn, heute Polen) |
Familienstand: | verheiratet |
Eltern: | Mosche Jechiel Weiss |
Familie: | Ehefrau von Leib F.; Mutter von Aaron, Malka, Anni, Ephraim und Rosa |
nach Sanok (Polen) Ghetto
Biographie
Familie Fränkel
Leo/Leib und Frieda/Freide sowie Aron und Rosa, zwei ihrer fünf Kinder
In dem großen Familienverbund des Mosche Jechiel Weiss und seiner Frau Matel waren sie nach 1919 aus Kolbuszowa in Galizien nach Karlsruhe gekommen: die fünf Weiss-Töchter Ida, Esther Malka, Dora, Frieda und Elsa mit ihren Männern Schiffmann, Schreck, Weiss, Fränkel und Gross.
Esther Malka starb schon früh vor der nationalsozialistischen Verfolgung, Elsa entkam gerade noch, Ida und Dora wurden in Auschwitz ermordet, Friedas Lebensweg endete im Dunkel von Todeslagern in Polen.
Freide, auch Frieda genannt, war am 24. Januar 1895 in Kolbuszowa geboren worden und dort aufgewachsen; sie heiratete nicht wie ihre Schwestern jemanden aus der näheren Umgebung, sondern Leib (oder Leo) Fränkel aus Sanok im Südosten Galiziens. Dies geschah zum ungemeinen Stolz des Vaters, denn er entstammte einer bekannten Rabbinerfamilie (auch der frühere Oberrabbiner in Israel Lau gehört zu dieser Verwandtschaft!); und diese Verschwägerung des Vaters Weiss mit dem Rabbi Chaim, dem Vater Leos, wurde daher auf seinem Grabstein erwähnt, der sich auf dem Karlsruher orthodoxen Friedhof befindet.
Leib/Leo Fränkel wurde als ältestes von vier Kindern am 24. Dezember 1896 in Sanok geboren. Er soll ein stattlicher Mann gewesen sein, der streng nach den orthodoxen Regeln seiner Religion lebte und für seine Gemeinde als Kantor tätig war. Auch als besonders kinderlieb hat man ihn in Erinnerung. Von Beruf war er Kaufmann, und mit seiner Frau zusammen führte er ein Geschäft für Textilwaren, und zwar seit 1924 im ersten Obergeschoss des Hauses Schützenstraße 32. Hier befand sich auch die Wohnung für die immer größer werdende Familie, und für das Dienstmädchen stand noch eine Mansarde zur Verfügung. Zwischen 1921 und 1936 bekamen sie fünf Kinder: Aron, Ephraim, Malka (Amalie), Anni (Helen) und als goldigen Nachzügler Rosa, das Roselchen. Frieda muss eine sehr liebevolle Frau gewesen sein, denn trotz ihrer vielen Kinder hielt sie doch immer für die Nichte Fanny Schreck, die von Tante Ida in der Werderstraße aufgezogen wurde, wenn sie aus der gegenüberliegenden Uhlandschule kam, ein Brötchen bereit, das diese so gerne aß. Im Geschäft muss sie die führende Rolle gespielt haben, denn im Adressbuch stand der Eintrag: „Fa. Frieda Fränkel, Wäscheversand“; Mitbewohner sahen sie oft, auch begleitet von einer anderen Frau, mit Koffern das Haus verlassen, worin sie offensichtlich Waren transportierte, die sie auslieferte oder anbot. Die Wohnung selbst, das wurde mehrfach bezeugt, war gutbürgerlich schön ausgestattet, wozu auch eine Vitrine gehörte mit allerlei silbernem Gerät wie Leuchtern und Bestecken neben Kristallgläsern. Sie lebten also recht gut, zumal auch ein Dienstmädchen im Haushalt half. Die Verbindung mit den Familien der Schwestern war sehr eng, so dass man häufig zusammenkam - vor allem bei den alten Eltern, denn allesamt hatten sie Wohnungen im nahen Bereich der Quer- und Parallelstraßen. Und so wurde bald die Besonderheit ihres Ältesten, des Aron, der gesamten Verwandtschaft deutlich: zur hellen Freude der Großmutter konnte er früh bei festlichen Gelegenheiten große Passagen der Heiligen Schrift rezitieren. Rabbiner wollte er werden, ganz in der Tradition seiner Familie.
Aron (eigentlich Abraham Aron) Fränkel war am 13. September 1921 in Karlsruhe geboren worden. Alles habe er in seiner Wissbegier lernen wollen, sich selbst habe er auch moderne Fremdsprachen beigebracht, und sogar das Stricken erlernte er. Sieht man die einzige von ihm erhaltene Photographie an, so fällt das kluge Gesicht als das eines angehenden Intellektuellen auf. Waren es finanzielle Gründe, aus denen er nicht das Gymnasium besuchte? 1936 erhielt er von der Nebeniusschule ein Abgangszeugnis, das zwar keine Note schlechter als Zwei enthält, aber auch kaum eine darüber, was insofern wenig aussagt, als mehrfach bezeugt wird, dass jüdische Schüler allgemein schlechter als die anderen benotet wurden. Er ging nun nach Frankfurt a.M., um die dortige Rabbinatsschule „Jeschiwa“ (Talmud Hochschule) zu besuchen. Der ehemalige Direktor derselben, Dr. Joseph Breuer (er hatte nach Amerika fliehen können), erinnerte sich später an den begabten Schüler. Die Ausbildung zum Rabbiner sollte vier Jahre dauern - doch im Oktober 1938 brach über die ganze Familie das Unglück herein, und jede bisherige Lebensplanung wurde zunichte.
Am 28. Oktober 1938 wurde Leib als einer der vielen in Karlsruhe ansässigen Juden polnischer Abstammung verhaftet und, nur mit Handgepäck und einem kleinen „Mundvorrat“ ausgestattet, zum Verladebahnhof gebracht und dann vor der Grenze nach Polen abgeschoben.
Zunächst kamen diese Männer in ein polnisches Internierungslager, schließlich in ihren jeweiligen Ursprungsort, für Leib Fränkel war dies Sanok, wo es vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht noch ein offenes Ghetto gab. Seine Schwester Rachel, die dort ansässig geblieben war, hat ihn damals wiedergetroffen. Frieda Fränkel musste indessen in Karlsruhe ihren verordneten "Umzug" zu ihrem Mann nach Polen vorbereiten. Es ist mehrfach bezeugt worden, dass sie die Wohnung ausgeräumt hat, dass die Möbel in einen großen sogenannten Lift verpackt wurden und vermutlich auch wertvolle Gegenstände. Sie dachte vielleicht an eine Spedition nach Polen, vielleicht aber auch nach den USA, dem eigentlichen Ziel auch der nahen Verwandtschaft, die so verfuhr und vorausblickend ihre Sachen dorthin verschiffen ließ. Was aus diesem Lift wurde, darüber ist gerätselt worden, doch dem 2005 erschienenen Buch von Götz Aly „Hitlers Volksstaat - Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus“ kann man nun entnehmen, dass zur sogenannten Möbelaktion auch die Beschlagnahmung von ungemein vielen Lifts gehörte, die mit Umzugsgut der Juden gefüllt waren. Etwa im Juli 1939 wurde Frieda ausgewiesen aus Karlsruhe, sie hat wohl kaum etwas an Handgepäck bei sich gehabt, jedoch ihr jüngstes Kind, die kleine Rosa, geboren am 11. Juni 1936, also eben erst drei Jahre alt geworden. Der Vater, heißt es, soll geschrieben haben, sie solle doch wenigstens die Kleine mitbringen - er ahnte offenbar nichts von dem, was in der Zukunft geschehen sollte.
Wo waren die anderen Kinder? Die 14- und 12-jährigen Mädchen Malka (Amalie) und Anni (später Helen) hat die Mutter am 27. April 1939 mit einem Kindertransport nach Frankreich bringen lassen - ahnte sie etwas von dem Unheil, das auf die Familie zukommen könnte? Der 16-jährige Ephraim war bei Berlin zur Ausbildung für die Auswanderung nach Palästina. Und Aron, inzwischen schon fast 18 Jahre alt, war nach der Deportation seines Vaters vergeblich gesucht worden, aus Frankfurt verschwunden und in einer landwirtschaftlichen Ausbildungsstätte, in Rodkes bei Fulda, untergekommen, ebenfalls mit dem Ziel, nach Palästina zu gelangen und dort Pionierarbeit zu leisten.
Man weiß nicht viel davon, wie es unterdessen der Mutter mit der kleinen Rosa erging, nur, dass sie wirklich in Sanok bei ihrem Mann ankam, denn dessen Schwester bezeugte später, sie habe ihre Schwägerin dort überhaupt erst kennengelernt. Unterdessen war es den Schwestern Friedas, Ida Schiffmann, Dora Weiss und Elsa Gross mit ihren Familien und der alten Mutter Weiss gelungen, der Ausweisung zu entgehen und illegal über die Grenzen nach Antwerpen zu gelangen, wo sie alle beisammen wohnten. Dort muss sie eine Nachricht erreicht haben, denn Ida berichtet am 30. Januar 1940 in einem Brief an ihre Ziehtochter Fanny Schreck in Palästina: „Tante Frieda und Onkel und das kleine Mädele sind in Polen auf Zures“ (was soviel bedeutet wie: es geht ihnen äußerst schlecht).
Man weiß nur aus Berichten anderer Mitbürger aus Sanok, wie es dort zugegangen war: Gleich nach dem Einrücken der deutschen Truppen wurde das Ghetto abgeriegelt, und die Bewohner mussten vom November 1939 an eine Armbinde mit dem Judenstern tragen. Im September und Oktober 1942 wurden alle zum „Arbeits- und Durchgangslager“ Zaslaw, nicht weit von Sanok gelegen, verbracht; dort will die Schwester Rachel (der dann irgendwie die Flucht gelang und die sich bei einem Bauern verstecken konnte) Leib Fränkel das letzte Mal gesehen haben. Die meisten von den dorthin Verfrachteten wurden noch im gleichen Jahr im Vernichtungslager Belzec ermordet. Nach Aussagen eines Leidensgenossen im Eichmann-Prozess sei das Ghetto Sanok aber erst im Januar 1943 aufgelöst, erst danach seien seine Bewohner nach Zaslaw gebracht worden. Es werden die furchtbaren Zustände dort geschildert: das Zusammengepferchtsein tagelang ohne Nahrung, daraufhin der Transport unter noch schlimmeren Bedingungen, und zwar seit Anfang 1943 zum Todeslager Sobibor. Zu den wenigen, die den Ausbruch aus dem verriegelten Güterwaggon, den Sprung in den Schnee und das Maschinengewehrfeuer überlebten, gehörten die drei Fränkels, Vater, Mutter und Kind, nicht. Angesichts des nahen Todes war es den Eltern vielleicht der einzige tröstliche Gedanke, dass ihre anderen Kinder, so früh schon auf den Weg gebracht, überleben könnten.
Aron hatte sich schließlich von Fulda aus auf den Weg gemacht und hatte sich nach Antwerpen zu Tanten, Onkeln, Großmutter und Cousin Salomon Weiss durchschlagen können. Von dort aus gelang es aber nur Elsa Gross und ihrer Familie, mit dem letzten Schiff nach den USA zu entkommen, bevor im Mai 1940 die deutsche Wehrmacht Belgien besetzte. Aron war dort, als die Großmutter starb, und blieb mit ihnen im vermeintlich sicheren Quartier, gelegentlich sollen sie sich aber auch auf Friedhöfen versteckt haben - bis sie am 11. Mai 1944 plötzlich alle verhaftet wurden.
Der Transport ging am 19.Mai von Mecheln (Malines) ab nach Auschwitz. Die jungen Männer Aron und Salomon mussten nun erleben, wie ihre Verwandten sofort im Gas umgebracht wurden, sie selber waren zu schrecklichen Tätigkeiten gezwungen. Zwei Tage bevor die Rote Armee Auschwitz am 27. Januar 1945 befreite, wurden Aron (Häftling Nr.120733) und Salomon (Nr.121446) nach Mauthausen „überstellt“, also am 25.Januar. Sie waren beide registriert als Maschinen-Monteure von Beruf - hatten sie sich in der Hoffnung, auf diese Weise zu überleben, als solche ausgegeben? In seiner Rede zum sechzigsten Jahrestag der Befreiung von Auschwitz legte Arno Lustiger im Deutschen Bundestag dar (FAZ vom 28. Januar 2005), dass die Vergasungs- und Verbrennungsanlagen in Auschwitz sorgfältig abmontiert und nach Mauthausen transportiert worden waren, um sie dort erneut zu verwenden - brauchte man dazu Monteure? Jedenfalls kamen sie beide dabei ums Leben, Salomon erst am 23.März, Aron schon am 10. Februar 1945.
Und Ephraim? In Berlin war er nationalsozialistischen Schlägern in die Hände gefallen, und dies löste bei ihm eine Epilepsie aus. Er wurde mit einem Kindertransport nach England gebracht, wo er seine Schulung für Palästina weiterführte und von wo aus er nach dem Krieg dorthin auswanderte.
Er erlitt einen seiner epileptischen Anfälle, stürzte in Sand und erstickte darin. Er starb in seinem 28. Lebensjahr am 19. Februar 1951.
Und die Mädchen Malka und Anni? Anni wollte nach dem Verlust von Eltern und Zuhause, schon im jüdischen Kinderheim im Elsaß, nicht mehr Anni sein, sondern nur noch Helen;
sie war das Mädchen, das nie redete, wie sich ihre Retter später entsannen, eine Bauernfamilie, die sie in Frankreich schließlich versteckt hatte. Nach dem Krieg wanderte sie in Palästina ein, wo ihre Schwester Malka bereits war. Diese war nach der Zeit im jüdischen Kinderheim mit einer Gruppe junger Leute (darunter war ihr späterer Mann) auf abenteuerliche Weise über die Pyrenäen nach Spanien gelangt, eine jüdische Hilfsorganisation half ihnen weiter und sorgte für ihre Auswanderung nach Palästina. Helen blieb in Israel als eine selbstbewusst wirkende, tatkräftige, freundliche Frau, doch bis auf weniges, was sie im Gespräch nebenbei erwähnt, bleibt sie stumm in Bezug auf ihre Kindheit in Karlsruhe und ihre Eltern. Malka aber kehrte mit ihrem Mann schon früh zurück nach Europa und lebt heute in Straßburg. Doch jetzt im Alter hat die Vergangenheit sie eingeholt und krank gemacht: sie leidet unter schweren Depressionen. Man darf bei ihr keine Erinnerungen an das, was ihrer Familie zugestoßen ist, wachrütteln wollen, sonst verfolgen diese sie des Nachts in furchtbaren Albträumen.
(Helga Janitzky, Dezember 2005)
Eine weitere Quelle:
Auszug aus der Rede des Holocaust-Überlebenden Arno Lustiger vor dem Deutschen Bundestag zum sechzigsten Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (abgedruckt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr.23 vom 28. Januar 2005)
„Hier noch ein grausiges Postskriptum über die Massenmörder von Auschwitz. Himmler hat am 26. November 1944 befohlen, alle Gaskammern und Krematorien von Auschwitz zu vernichten, um die Spuren der Verbrechen zu verwischen. Jedoch wurden die Vergasungs- und Verbrennungsinstallationen Ende November 1944 sorgfältig abmontiert und ins KZ Mauthausen transportiert. Danach wurde die Firma Topf in Erfurt aufgefordert, Pläne für den Bau neuer Krematorien mit zehn Einäscherungsöfen plus Anlagen aus Auschwitz zu erarbeiten. Nach den am 15. Februar 1945 eingereichten Plänen, das heißt zwölf Wochen vor Kriegsende, sollten die neuen Krematorien auf einer Bahnstrecke in der Nähe des KZ Mauthausen errichtet werden. Welche neuen Populationen sollten dort vergast und verbrannt werden, etwa die überlebenden Häftlinge der Todesmärsche? Wollten die Massenmörder noch die letzten Gefangenen in den Untergang des Dritten Reiches mitreißen?“
Nachträgliche Ergänzung
Nach 68 Jahren Post vom verschollenen Vater Leib Fränkel
Von den fünf Kindern von Leib und Frieda Fränkel haben nur Amalie (Malka) und Anni überlebt. 1939, noch bevor auch ihre Mutter und die kleine Schwester nach Polen abgeschoben wurden, waren sie durch das jüdische Hilfswerk in Frankreich (OSE) ins Elsaß gebracht und in Münster bei Colmar bei der Familie Half untergebracht worden. Diese streng orthodox jüdische Familie hatte zu ihren eigenen Kindern etwa acht weitere in Pension aufgenommen. Leib Fränkel kannte ihre Adresse, und so schrieb er noch aus dem ersten Lager, Zbaszyn im Westen Polens, bevor es zu seiner Vaterstadt Sanok gehen sollte, mehrere Postkarten an seine beiden Töchter.
Als diese ankamen, war die Pension der Halfs jedoch bereits aufgelöst. Als die Deutschen immer näher rückten, hatte die Familie vergeblich versucht, zusammen mit den ihnen anvertrauten Kindern in die Schweiz auszureisen, woher sie ursprünglich stammte. Es gelang ihr dies nur mit ihren eigenen Kindern erst später - die anderen, darunter auch Malka und Anni Fränkel, waren anders wohin gebracht und an verschiedenen Orten versteckt worden. In Münster zurückgeblieben war das arische Kindermädchen bzw. die Erzieherin Frieda, die nach dem verlassenen Haus sah und die Post aus dem Briefkasten an sich nahm: so auch die Karten an die Schwestern Fränkel.
Erst nach Kriegsende konnte sie den Kontakt zu Halfs, die seither in Basel wohnten, wieder aufnehmen und ihnen auch die Karten zukommen lassen. Doch was aus Malka und Anni (jetzt Helen) Fränkel geworden war, wusste man nicht. So nahm eines der Kinder der Halfs, ein Junge, der Briefmarken sammelte, die Karten mit den auffälligen polnischen Marken an sich und steckte sie zu seiner Sammlung. Dort wurden sie vergessen.
Der Junge war schließlich achtzig Jahre alt, und eines Tages wurde ihm aus Israel ein Buch zugesandt von einem unterdessen ebenso alten „Mädchen", Lotte Rein, geborene Michel aus Mannheim, die auch bei ihnen einst in Münster in Pension gewesen war. Es handelte sich um ein Erinnerungsbuch über das von ihr Erlebte, das sie auf Drängen ihrer Tochter und mit deren Hilfe auf hebräisch verfasst hatte und das nur in privatem Druck vorhanden ist. Und darin kamen auch die Schwestern Fränkel vor, die sie gut zu kennen schien. Nun besann sich der alte Herr auf die Karten aus seiner Kindheit und schickte sie seiner Schwester, die ihrerseits längst in einem Kibbuz in Israel lebte. Von Lotte Rein erfuhr sie die Adresse von Helen Appel (das ist die einstige Anni Fränkel) in Kiryat Gat, die sie gleich anrief Zusammen mit ihrem Sohn fuhr Helen zum nicht weit entfernten Kibbuz und nahm die Karten ihres Vaters nach 68 Jahren in Empfang.
Die Karten haben nicht nur bei beiden nun großen Familien und bei der weltverzweigten Verwandtschaft für große Aufregung gesorgt, sondern auch darüber hinaus viel Aufsehen gemacht. Yad Vashem hat Interesse für die Originale bekundet, doch die Familie möchte sie selber aufbewahren: sind sie doch das einzige Erinnerungsstück an ihren verschollenen Vater, Großvater und Urgroßvater.
(Helga Janitzky, März 2008)