Franken, Kurt

Nachname: Franken
Vorname: Kurt
Geburtsdatum: 19. Februar 1897
Geburtsort: Bingen a.Rh. (Deutschland)
Familienstand: verheiratet
Familie: Ehemann von Lilli F.;
Adresse:
Kaiserallee 69,
1940: Stephanienstr. 71
Beruf:
Ingenieur selbständiger Kfz-Sachverständiger
Deportation:
22.10.1940 nach Gurs (Frankreich),
10.8.1942 von Drancy nach Auschwitz (Polen)
Sterbeort:
Auschwitz (Polen)

Biographie

Kurt und Lilli Franken

Kurt Franken wurde am 19. Februar 1897 in Bingen am Rhein geboren.
Vater Siegmund Franken kam am 5. Januar 1864 in Zons am Niederrhein (bei Köln) auf die Welt und war Kaufmann. Später lernte er seine Frau Betty Bergmann in Bingen am Rhein kennen, wo das Ehepaar nach der Heirat auch lebte. Betty Bergmann wurde am 7.August 1865 in Landsberg geboren.


Kurt Franken ging auf die Realschule in Bingen, damals dauerte diese Mittlere Bildung sieben Schuljahre, und verließ sie mit der Reifeprüfung bzw. dem „Einjährigen“. D.h. aufgrund seiner höheren Schulbildung und der bürgerlichen Herkunft hätte er den kürzeren einjährigen Militärdienst anstelle des üblichen dreijährigen leisten können. Dies war 1915. Da begann bereits der Erste Weltkrieg. Kurt Franken war offensichtlich kriegsbegeistert wie viele andere junge Männer seiner Herkunft. Er meldete sich mit 18 Jahren als Kriegsfreiwilliger und wurde Soldat von 1915 bis 1918, nach eigenen Angaben an der Front bei einer „Leichten-Maschinen-Gewehr-Einheit“, zuletzt im Rang eines Gefreiten. Dort wurde er vertraut mit neueren technischen Errungenschaften und hatte unmittelbar nach seinem Militäreintritt 1915 den Kraftwagen-Führerschein erlangt. Nach dem Krieg begann er das Studium der Ingenieurwissenschaften am Rheinischen Technikum in Bingen (heute: Technische Hochschule Bingen) und wurde Maschinenbauingenieur. Offensichtlich begeistert vom Autofahren suchte er sich sein Aufgabengebiet als selbstständiger Kfz-Sachverständiger. Auch privat besaß er ein Auto, einen BMW-Dixi, und das auch noch bis 1939, ehe Juden das Halten und Fahren eines Kraftfahrzeuges verboten wurde.

Kurt Franken heiratete am 11. April 1940 Lilli Franken, geborene Traub. Er war bereits 45 Jahre alt. Lilli Franken, geborene Traub, wurde am 9. März 1906 in Karlsruhe geboren. Auch sie war nach den damaligen Maßstäben für eine Heirat bereits eine ältere Braut. War es eine Vernunftheirat oder gab es andere sachliche Gründe oder war es doch eine klassische „Liebesheirat? Wir wissen es nicht. Gegen eine rein sachliche Ehe, wie sie damals angesichts der Verfolgung von Juden häufig geschlossen wurde, um dem Ehepartner die Ausreise mitzuermöglichen, spricht die Tatsache, dass die von Lilli Traub geplante Ausreise noch im Dezember 1939 geplatzt war.

Im Gegensatz zu Kurt Franken war seine Frau Lilli in Karlsruhe verwurzelt. Der Vater Karl Traub war am 30. August 1876 in Karlsruhe geboren worden. Seine Vorfahren stammten noch aus dem damals selbständigen Dorf Grötzingen, das vor 1900 noch eine bedeutende jüdische Gemeinde hatte.
Die Mutter Flora Traub, geborene Friedberg (geboren 24. August 1881), stammte aus Frankfurt a.M., was auf die Weitläufigkeit der Beziehungen der Familie schließen lässt. Karl Traub war Kaufmann. Die zwei Brüder Lillis, Erich, geboren am 18. März 1905 und Kurt, geboren am 28. Januar 1912, besuchten die höhere Schule.
Erich ging von 1915 bis 1921 auf die Kant-Realschule (heute Kant-Gymnasium) und schloss mit der Obersekunda (11. Klasse) ab. Anschließend wurde er wie der Vater Kaufmann. Wegen der nationalsozialistischen Verfolgung beschloss er auszuwandern und nutzte die sich bietende Chance nach Südamerika. Er blieb in Trinidad, Port of Spain hängen und lebte dort auch nach Ende des Kriegs 1945.
Auch Bruder Kurt ging auf die Kant-Schule bis zur Obersekunda, 1922 bis 1928, da war sie bereits eine Oberrealschule. Er konnte nach 1933 flüchten und ging nach Palästina, lebte lange Zeit in Givath Brenner in Israel.
Auch Lilli Traub hatte eine bessere Schulbildung, sie besuchte die Höhere Mädchenschule, allerdings nur bis 1920. Wie in ihrer Generation bereits üblich, um im Falle der Nichtverheiratung für den eigenen Unterhalt sorgen zu können, absolvierte sie eine Ausbildung. 1926 machte sie die Gesellenprüfung im Schneiderhandwerk. Wir finden sie allerdings später nirgends als selbständige Schneiderin. Und sie blieb bis zur Heirat auch bei den Eltern wohnen. Da sie bei der Heirat 1940 als Schneiderin bezeichnet wird, ist trotzdem davon auszugehen, dass sie ihren Beruf zumindest bis zur Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft als Angestellte ausgeübt haben mag.
Seit der Geburt Lillis hatte die Familie in der Karlsruher Oststadt, in der Karl-Wilhelm-Straße gewohnt, zunächst Hausnummer 30, seit 1908 unter der Nummer 26. Die Familie hatte es zu Wohlstand gebracht. 1939 erfolgte der Umzug in die Villa des früheren jüdischen Kaufmannes Karl Rosenfeld in die Westendstraße (Reinhold-Frank-Straße) 66. Der Umzug nach über 30 Jahren aus der Oststadt war nicht freiwillig, aber seit 1939 war es Juden verboten, Mieter in „arischen“ Häusern zu sein.

Der Weg von Kurt Franken nach Karlsruhe ist bisher nicht nachzuvollziehen.
In den Adressbüchern, wegen kriegszerstörter Einwohnermeldekartei die einzige Quelle, ist er gar nicht nachweisbar.
Doch seine „Judenkennkarte“ vom Januar 1939 weist ihn eindeutig in Karlsruhe nach. Auch die „Volkskarteikarte“ vom August desselben Jahres. Dort ist er als Untermieter bei einer Witwe in der Kaiserallee 69 genannt. Bei der Eheschließung war er in der Kriegsstraße 88 gemeldet, dem ehemaligen jüdischen Hotel „Nassauer Hof“, seit 1939 ein so genanntes Judenhaus. Wir schließen aus den Recherchen, dass Kurt Franken seinem Glauben nicht streng angehörte. Er gehörte zum Freundeskreis von Erich Simon, einem jüdischen Sportler. Die Tochter eines ehemaligen SPD-Politikers erinnert sich, dass er in der Zeit der ärgsten Bedrängnis von ihrer Familie unterstützt wurde. Ob Kurt Franken vielleicht selbst politisch engagiert gewesen war – denn sonst erscheint diese Verbindung in der Zeit der Hitlerdiktatur merkwürdig - konnten wir allerdings nicht belegen. Nach der Heirat wohnte das Ehepaar seit Mai 1940 in der Stephanienstraße 71, in einem Zimmer bei den Schwiegereltern bzw. Eltern. Diese hatten in ihrer 5-Zimmerwohnung noch eine weitere Untermieterin, „Fräulein“ Sara Feldmann und entgegneten auf den Versuch des städtischen Wohnungsamtes im Mai 1940 ihnen eine weitere Untermieterin zuzuweisen damit, dass eine solche andere sowieso in Kürze bei ihnen einziehen würde.

Lilli Traub hatte noch vor der Heirat am 22. Dezember 1938 einen Reisepassantrag gestellt. Sie wollte nach Südamerika auswandern, wo bereits der Bruder Erich lebte und ihr bei der Papierbeschaffung behilflich war. Am 5. Dezember 1939 genehmigte die Gestapo ihren Reisepass. Doch am 15. Dezember 1939 schreibt sie an das Polizeipräsidium: „Anbei gebe ich meinen Reisepass zurück. Ich wollte nach Venezuela auswandern, aber der Konsul teilte mir unter dem 9. Dezember 1939 mit‚ dass eine Einreisegenehmigung noch nicht eingegangen sei. Am 11.12.1939 hörte ich vom Venezuelischen Konsultat‚ ‚dass es wohl anzunehmen sei, dass ich eine Einreisebewilligung nicht erhalten werde.’ Mein ursprünglicher Plan, nach Trinidad über England einzureisen, ist durch eine inzwischen eingetretene Sperre illusorisch geworden.“ Ihr Visum, ausgestellt vom britischen Konsulat in Frankfurt a.M., am 21. August 1939, war nur für drei Monate gültig und damit zum 21. Dezember verfallen. Nun konnte sie mit dem Reisepass nichts mehr anfangen.

Lilli und Kurt Franken wurden wie alle Juden aus Baden, Pfalz und von der Saar an einem einzigen Tag in das unbesetzte Südfrankreich in das Lager Gurs deportiert, am 22. Oktober 1940.
Bei der Deportation der Juden aus Frankreich in die Vernichtung gehörten sie zu der ersten großen Welle im Sommer 1942.
Beide wurden am 10. August 1942 über das Durchgangslager Drancy nach Auschwitz deportiert. Von da an verliert sich ihre Spur.
Vermutlich wurden sie sofort bei der Ankunft an der Rampe in die Gaskammer geschickt.
Wenn sie zur Arbeit gezwungen wurden, haben sie vermutlich nicht lange überlebt.
Da jedes Zeichen fehlte, wurden beide nach dem Krieg rein formal mit dem Todesdatum 8. Mai 1945 – dem Kriegsende – für tot erklärt.

Auch die Eltern von Lilli Franken, Karl und Flora Traub wurden ermordet. Beide waren ebenfalls am 22. Oktober in das Lager Gurs deportiert worden und von da in weitere Lager, nach Noé, und später nach Le Vernet, ebenfalls in Südfrankreich.
Am 30. Mai.1944 wurden sie über Drancy nach Auschwitz deportiert. Sehr wahrscheinlich wurden auch sie wie die meisten jüdischen Menschen des Transports sofort vergast.

(Ruth Krämer, 8. Klasse Hebel-Realschule, Januar 2007)