Fuchs, Edith

Nachname: Fuchs
Vorname: Edith
Geburtsdatum: 1. Februar 1897
Geburtsort: Karlsruhe (Deutschland)
Familienstand: ledig
Eltern: Dr. Ernst und Mina F.
Familie: Schwester von Albrecht F. und Erna Moos, geb. F.
Adresse:
Moltkestr. 17,
Bachstr. 12
Emigration:
1934 in die Niederlande Schevenningen
Sterbeort:
Auschwitz (Polen)
Sterbedatum:
24. August 1942

Biographie

english translation see:
www.local-vicar.com/Fuchs/Strauss.pdf

Philipp Fuchs und Edith Fuchs

Sie waren Cousine und Cousin zueinander, ihre Väter waren Brüder. Sie waren Charaktere wie sie unterschiedlicher kaum sein konnten. Beide wurden Opfer der NS-Gewaltherrschaft, weil sie Juden waren, jedoch unter ganz verschiedenen Umständen, an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten. Sie waren Teil der Familie Fuchs aus Karlsruhe, einer großen, weit verzweigten, ganz außerordentlichen Familie, über die nachfolgend ausführlicher zu berichten ist, da ansonsten der Bericht fragmentarisch bliebe.

Philipp Fuchs
Philipp Fuchs wurde am 20.8.1888, einem Sonntag, in Karlsruhe geboren. Er war der älteste von 3 Söhnen und 1 Tochter von Bernhard (Baruch) Fuchs, ältester Sohn von Hirsch und Fanny Fuchs. Bernhard Fuchs wurde – mit Ausnahme der beiden „Nachzügler“ Friedrich und Bianca, die in Karlsruhe geboren wurden – in dem Wein- und Bauerndorf Weingarten, vor den Toren Karlsruhes gelegen, geboren. Bernhard Fuchs heiratete am 26.4.1886 in Soest/Westfalen die dort am 26.6.1861 geborene Helene Stern, Tochter des Kaufmanns Eduard Stern und seiner Frau Sophie geb. Schnerbeck. Als Philipp geboren wurde, wohnten Bernhard und Helene Fuchs in der Adlerstraße 44, also gleich „um die Ecke“ zum elterlichen Haus in der Zähringer Straße 26., wo zu dieser Zeit noch all die anderen Brüder – mit Ausnahme des Bruders Max, der 3 Jahre zuvor geheiratet hatte – lebten.
Philipp Fuchs besuchte nach der Volksschule von 1898-1906 das Bismarck-Gymnasium in Karlsruhe. Dort legte er 1906 das Abitur ab. Ab dem Wintersemester 1906/1907 studierte er 2 Semester an der TH Karlsruhe in der so genannten Allgemeinen Abteilung. Er wohnte zu dieser Zeit als Untermieter im Hause des Oberschaffners Tritschler in der Durlacher Allee 30. Offenbar wollte er Ruhe für sein Studium haben und nicht mehr im elterlichen Haus – der Vater hatte 1900 als erster von den Fuchs-Söhnen ein Haus in der Kriegsstraße (Nr. 41) gekauft – wohnen, wo auch die zwischenzeitlich geborenen Geschwister Henriette, Margarete und Erich lebten. Im Sommersemester 1908 studierte er an der Heidelberger Universität und danach weitere 2 Semester an der Münchener Universität Jura. Ob er danach an einer anderen Universität weiter studierte, in welchem Fach und mit welchem Ergebnis, oder das Studium aufgab, konnte nicht festgestellt werden.

Er war Soldat im Krieg 1914/1918, Kriegsfreiwilliger, und hatte sich bei irgendeiner Aktion das EK I (Eiserne Kreuz 1. Kl.) erworben, auf das er mächtig – wie übrigens alle anderen Kriegsteilnehmer, die diese Auszeichnung erhielten, auch, sie waren eben 100%ige Patrioten – stolz war. Mehr ist allerdings über ihn aus der Kriegszeit nicht überliefert.

Als die Firma Hirsch Fuchs Söhne (HFS) 1922 von der Rechtsform einer KG in eine GmbH ungewandelt wurde, wurde Philipp Fuchs als Geschäftsführer – neben Arthur Fuchs, Jacob Fuchs, Friedrich Fuchs, Bernhard Fuchs (jr.), Sohn von Max Fuchs, und Gottfried Fuchs, Sohn von Gustav Fuchs – bestellt und auch Gesellschafter der Firma und wohnte im Hause seiner Eltern in der Kriegsstraße 41 bis zu seiner Heirat 1930. Die Firmengründer Bernhard, Max und Gustav Fuchs waren zu diesem Zeitpunkt zwar noch Gesellschafter, aber nicht mehr aktiv tätig; die Adressbücher wiesen sie als Privatiers aus. Die Zeit von Kriegsende bis 1922 bleibt für Philipp Fuchs ungeklärt, vermutlich lebte er in einer anderen Stadt, vielleicht sogar im Ausland, um berufliche Erfahrungen zu sammeln.

Am 3.12.1926 starb Bernhard Fuchs, 70-jährig, in Karlsruhe. Sein Tod war ein großer Verlust für die ganze Fuchs-Familie, denn er war zu allen Zeiten, insbesondere nach dem Tod seines Vaters, später auch der Mutter, in allen Familienangelegenheiten die stets umsichtige und fürsorgliche „Säule“ der Familie. Seine Frau Helene lebte nunmehr allein mit dem Sohn Philipp in ihrem großen Haus. Die Tochter Henriette hatte bereits 1912 den Rechtsanwalt Dr. Jakob Marx geheiratet und die jüngere Tochter Margarete 1923 den Frauenarzt Dr. Eugen Kaufmann.

Am 28.6.1930, da war er schon fast 42 Jahre, heiratete Philipp Fuchs in Dortmund die dort am 7.8.1897 geborene Anna Blumenthal, Tochter des in Dortmund ansässigen renommierten Rechtsanwaltes Richard Blumenthal und seiner Frau Mina geb. Schwabe. Die Ehe blieb kinderlos. Unmittelbar nach der Heirat bezogen sie das – gemietete – Haus Wendtstraße 1, das bis zum Tod von Philipp Fuchs ihr Domizil blieb. Im Nebenhaus wohnte der bekannte Rechtsanwalt, vormalige badische Justizminister und Reichstagsabgeordnete Dr. Ludwig Marum. In allernächster Nähe lebte auch der Cousin Albrecht Fuchs, unweit der ganze in Karlsruhe lebende Rest der Familie.

Von 1928 bis 1933 war Philipp Fuchs Mitglied des Synagogenrates der Synagoge in der Kronenstraße in Karlsruhe; Vorsitzender des Synagogenrates war seinerzeit der Kinderarzt Dr. Theodor Homburger. Bereits Philipp Fuchs’ Vater Bernhard war zwischen 1898 und 1908 immer wieder Abgeordneter aus Karlsruhe für die jüdische Landessynode in Baden gewesen.


Philipp Fuchs nahm in der Firma auch die Aufgaben des Personalchefs wahr; welche weiteren Aufgaben er hatte, ist nicht überliefert.
Philipp Fuchs galt in der Familie als ‚bon vivant’, der manchmal um 3:00 Uhr nachmittags Feierabend machte und mit seinem Auto nach Baden-Baden, auch während der Nazizeit ein sehr beliebter Ort für „sehen und gesehen werden“, fuhr, „weil die Zigarre dort besser schmeckte“ – so berichtete der Cousin Günther Alfredo Fuchs, jüngster Sohn von Jacob Fuchs.

Es war der 10. November 1938 als im Lande überall die Synagogen brannten, ungezählte Wohnungen und Geschäfte von Juden verwüstet und geplündert und zehntausende Juden in die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen transportiert wurden, allein aus Karlsruhe über 400 männliche Juden im Alter 16 bis 60 Jahren.
Über seine Erlebnisse an diesem Tag und den Folgetagen und seine Flucht am 16.11.1938 nach Frankreich verfasste Albrecht Fuchs einen ausführlichen schriftlichen Bericht, in dem auch über das Ende von Philipp Fuchs wie folgt detailliert berichtet wird: „ Als W. [gemeint ist der befreundete Rechtsanwalt Dr. Arthur Weilbauer, mit dem er in seinem Haus ein längeres Gespräch über die Ereignisse dieses Tages geführt hatte; d. Verf.] sich gerade zum Weggehen anschickte, kamen zwei Anrufe, die uns wie Keulenschläge trafen: kurz vor 9.00 Uhr rief Anna, die Frau meines Vetters Philipp, aus ihrer nahe gelegenen Wohnung an: ‚Bitte komme doch sofort, Philipp hat sich das Leben genommen!’ Ich versprach sofort zu kommen, da kam ein zweiter Anruf, und zwar von Frau Schw. [Schweizer; d. Verf]), der Witwe meines 1936 verstorbenen Socius [Hermann Schweizer; d. Verf.]: ‚Bitte kommen Sie doch sofort, bei meinem Schwager (dem fast 60-jährigen Landgerichtsrat a.D. Dr. Adolf Schw.) ist etwas Schreckliches geschehen, ich kann am Telefon nichts Näheres sagen!’. Ich versprach auch das und ging nun zuerst mit meiner Frau zur nahen Wohnung von Philipp Fuchs. Dort trafen wir auf dem Vorplatz die körperlich zusammengebrochene, geistig gefaßte Frau, umringt von vier ruhig dastehenden Männern in Zivil mit Parteiabzeichen, die sich als drei Kriminalpolizisten und ein Leichenbeschauer auswiesen. Ich stellte mich als Rechtsanwalt und Verwandter vor und bat um Bericht, was geschehen sei.
Man zeigte mir im Schlafzimmer den in einer Blutlache liegenden, angekleideten Leichnam meines Vetters, und ich bekam folgendes gesagt: Philipp F. hatte sich etwas verspätet und war deshalb noch nicht abfahrbereit, als ihn kurz nach 8.00 Uhr das Auto in sein Geschäft am Rheinhafen abholen wollte. Der Fahrer F. hatte ihm von den nächtlichen Ausschreitungen erzählt, worüber sich Philipp außerordentlich aufregte (Seit 3 Jahren war Philipp infolge von Denunziationen eines entlassenen Angestellten mit Strafuntersuchungen verfolgt, und es sollte in Kürze eine Schlussverhandlung stattfinden). Philipp schickte F. mit der Weisung fort, er solle in 20 Minuten wiederkommen. Bevor diese Zeit um war, begehrte ein Rollkommando von vier bestialischen Gesellen in Braunhemd und Zivilrock, den Revolver im Anschlag, Einlaß in die Wohnung, während vier andere vor dem Haus aufpaßten... Philipp erkannte, worum es ging. Durch das Schiebfenster erklärte er den Männern, er lasse sie nicht herein. Er legte die Kette vor die Glastür, schloß sich mit seiner Frau im Schlafzimmer ein und nahm eine Pistole zur Hand. Das Mädchen [Hausmädchen Rosa; d. Verf.] hatte sich ebenfalls in sein Zimmer geflüchtet. Inzwischen erbrachen die SS-Leute unter wüsten Drohungen die Glastür, rüttelten an der Schlafzimmertür und verlangten unter Todesdrohungen sofortigen Zutritt. Auf den Zuruf, man werde ihn jetzt erschießen, erwiderte Philipp, das sei nicht nötig, das könne er selbst. Er setzte die Pistole an die Schläfe und schoß sich, neben dem Bett stehend, eine Kugel in den Kopf. Beim Fallen schlug er mit dem Schädel auf die Kante des Waschtisches. Er war sofort tot. Seine Frau hatte solange vor ihrem Bett gekniet und auf den Erlösungsschuss gewartet, den Philipp ihr versprochen hatte, wenn er einmal, wie beide seit einiger Zeit befürchtet hatten, den Peinigern des Dritten Reiches durch Selbstmord entfliehen sollte. In der Aufregung hat Philipp sein Versprechen nicht gehalten. Seine Frau stürzte zu dem in Blut Liegenden, entwand ihm die Waffe, um sich selbst den Tod zu geben, fand aber nicht den Mut dazu. Inzwischen waren auch die Mörder ins Zimmer gedrungen. Sie ärgerten sich darüber, dass der Tote sich ihren Quälereien entzogen hatte und beschimpften ihn vor den Ohren der Witwe als einen Feigling. Dann zogen sie ab, holten im Haus gegenüber den 60-jährigen Rechtsanwalt F. [Dr. Ernst Friedmann, d. Verf.], verhafteten ihn und tobten ihren Ärger durch vermehrte Mißhandlungen des alten F. aus.
Die drei Kriminalpolizisten erklärten, selbst nicht zu wissen, was eigentlich los sei, von einem Haftbefehl gegen Philipp sei ihnen nichts bekannt, sie wussten auch nicht, wer die Eindringlinge gewesen seien ...man werde eine Meldung machen, alles andere sei Sache der Staatsanwaltschaft; die Leiche sei beschlagnahmt und werde in einigen Minuten abgeholt. Dann gingen die der fort und ließen den Leichenschauer da, der sich aber ebenfalls bald verabschiedete. Das Mädchen Rosa war von der Kriminalpolizei zur Vernehmung mitgenommen worden. So blieben außer dem Leichnam nur meine Frau und ich bei der Witwe in der Wohnung. Bald kam ein Leichenauto mit einem Sarg und drei städtischen Leichendienern. Der Sarg erwies sich als zu klein, so dass sie wieder wegfuhren, um einen größeren zu holen. Inzwischen war ich allein mit Anna, bei der nach der Erstarrung der ersten Stunde allmählich das Bewusstsein des Schrecklichen einkehrte.
Als die Diener mit dem neuen Sarg kamen, hoben wir Philipp aus seinem Blut auf, wuschen ihm Gesicht und Hände, betteten ihn in den Sarg, und ich führte dann Anna herein, damit sie Abschied nähme. Sie blieb auch da gefaßt. Philipp lag da, wie wir ihn oft gesehen haben: auf das sorgfältigste gekleidet, einen etwas spöttischen Ausdruck im Gesicht, verklärt durch den Schimmer der Erlösung. Aus dem Blut, das über Rock und Kragen getropft war, sah das Band des EK [Eisernes Kreuz, während des Krieges als Auszeichnung erworben, d. Verf.] hervor. Hinter dem Sarg gaben Anna und ich dem Toten das Geleit auf die Straße hinaus.
Etwa um halb elf Uhr kam Rosa von der Vernehmung zurück. Sie weinte laut vor Entsetzen über das, was sie gesehen hatte. Sie sagte: ‚Seien Sie froh, Frau Fuchs, dass Ihr Mann sich erschossen hat. Sie wissen wenigstens, wie er gestorben ist!’.“


Wie sich sehr viel später herausstellte, hatte Philipp Fuchs, die drohende Verhaftungsaktion in Verbindung mit einem seit 1935 laufenden Strafverfahren wegen Bestechung gegen ihn vermutet. Dieses Verfahren ging zurück auf eine Anzeige eines Betriebsangehörigen, der vergeblich versucht hatte, Betriebsobmann [eine Nazipartei-Funktion; d. Verf. zu werden; Philipp Fuchs habe an Angehörige anderer Firmen bei der Abholung von Holzlieferungen Tabakwaren und auch Geld gegeben. In 1. Instanz wurde er frei gesprochen. Gegen dieses Urteil legte jedoch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel ein. Das Verfahren zog sich sehr in die Länge und war zum Zeitpunkt des Selbstmordes noch nicht abgeschlossen. Auch wegen der zahlreichen vorausgegangenen Verhöre war Philipp Fuchs daher in großer Sorge. Dies berichtete Adolf Schnitzler, einer der beiden Erwerber der Firma HFS nach dem Kriege im Wiedergutmachungsverfahren von Anna Fuchs. Hätte Philipp Fuchs gewusst, dass die Verhaftungsaktion nichts mit seinem Strafverfahren zu tun hatte, sondern mit dem Juden-Pogrom, er hätte sich vermutlich nicht das Leben genommen, so Adolf Schnitzler.
Nach einer anderen Version zu dem Bestechungsverfahren habe ein Buchhalter der Firma ein von Philipp Fuchs geführtes Notizbuch gestohlen, in dem „unter-der-Hand-Geschäfte“ mit Lieferanten aus dem Schwarzwald eingetragen waren, und dieses Nazi-Behörden gegeben als Rache für irgendeinen Streit mit der Firma; diese Behörden erstatteten die Anzeige.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist jedoch, dass die Firma HFS bereits per 1.8.1938 an die Erwerber Schenck und Schnitzler im Zuge der so genannten Arisierung verkauft worden war; allerdings war der Verkauf noch nicht wirksam genehmigt worden. Im Kaufvertrag war festgelegt, dass Philipp Fuchs noch vorübergehend in der Firma tätig bleiben sollte, um die Interessen der Verkäufer, also der Fuchs-Familien, wahrzunehmen. Noch 2 Wochen vor seinem Tod hatte er gemeinsam mit seinem Onkel Arthur Fuchs und seinem Cousin Albrecht Fuchs Nachverhandlungen mit Schenck und Schnitzler über den Verkaufpreis der Firma HFS geführt (s. Kapitel „Das Ende der Firma HFS“). Und er hatte weder für sich noch für seine Frau eine Auswanderung vorbereitet, andere Fuchs-Familien übrigens auch nicht.
Der Tod von Philipp Fuchs und die Ereignisse des 9./10. November 1938 lösten in der großen Fuchs-Familie einen tiefen Schock aus. Albrecht Fuchs schrieb in seinem Bericht: „Wir trauten uns zu, dass wir innerlich und äußerlich gerüstet seien, um das Dritte Reich in Deutschland zu überstehen. Es mussten unerhörte Dinge geschehen, um uns aus dieser Festung unseres Lebens zu vertreiben; sie sind an diesem Tage geschehen“. So dachten wohl viele Juden im Lande, nicht nur viele „Füchse“.

Anna Fuchs wanderte im Frühsommer 1939 nach England aus und lebte in England zunächst in einem Zimmer mit einer Cousine in London. Ab September 1939 war sie als Köchin tätig, später arbeitete sie als Arbeiterin in einer Papierfabrik. Ihr gesamtes Umzugsgut, in einem Lift verpackt, voll bezahlt, wurde in Bremen beschlagnahmt, inzwischen war der Krieg ausgebrochen. Sie stand also ohne alles da. Von dem beträchtlichen Wertpapier-Vermögen ihres Mannes von über 160.000 RM bekam sie als Devisen-Äquivalent nur 5% - die zu dieser Zeit übliche radikale Ausplünderung der Juden, die auswandern wollten bzw. mussten und wenigstens etwas Geld für den Anfang unbedingt benötigten.
1947 wanderte sie von England in die USA aus und lebte bis zu ihrem Tod am 5.1.1986 in New York. Hier arbeitete sie von 1948-1951 als Köchin für eine Familie. Seit 1949 erhielt sie von der Bundesrepublik Deutschland für den Tod ihres Mannes eine kleine Rente von anfangs 200 DM monatlich. Und von dem am 27.1.1950 von Dr. Bill Fuchs in Karlsruhe mit den Käufern der Firma Hirsch Fuchs Söhne, Schenck und Schnitzler, in Vollmacht für die gesamt Familie abgeschlossenen Vergleich für den sog. „Verdrängungsschaden“ durch die Arisierung einen Betrag von 20% der Vergleichssumme von 580.000 DM, da Philipp Fuchs zum Zeitpunkt seines Todes mit diesem Prozentsatz am Gesellschaftskapital beteiligt war.

Edith Fuchs
Edith Fuchs wurde am 1.2.1897 in Karlsruhe als jüngstes von 3 Kindern des Rechtsanwalts Samuel Fuchs (ab 1899 nannte er sich Ernst) und seiner Frau Mina geborene Kaufmann geboren. Sie hatte eine ältere Schwester, Erna, geb. 4.5.1890, und einen älteren Bruder, Albrecht, geb. 7.10.1893, beide in Karlsruhe geboren.
Ihr Vater war der viertälteste der zahlreichen Söhne von Hirsch und Fanny Fuchs, ein ganz außerordentlich begabter Mensch, der bereits mit 17 Jahren sein Abitur machte, anschließend in Heidelberg und Straßburg Jura studierte und bereits 1884 nach seinem 2. Staatsexamen als Rechtsanwalt tätig war, erst 1 Jahr in Mannheim, ab 1885 in Karlsruhe, zunächst zugelassen beim Landgericht, ab 1894 beim Oberlandesgericht in Karlsruhe, überwiegend in Zivilsachen tätig. Diese Tätigkeit übte er 35 Jahre lang aus. Er war auch umfangreich wissenschaftlich tätig und galt als Begründer und eifrigster Verfechter der so genannten Freirechtslehre. 1910 erhielt er vom Großherzog das Ritterkreuz I. Klasse vom Orden des Zähringer Löwen. Am 4.2.1929, kurz vor seinem Tode am 10.4.1929 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg verliehen. Der badische Justizminister schrieb in seinem Beileidsschreiben vom 15.4.1929 an den Sohn Albrecht, der mit seinem Vater die Anwaltspraxis gemeinsam betrieb: „Die Justizverwaltung wird dem Verblichenen, der sich in langjähriger Tätigkeit große Verdienste um die Förderung der Rechtspflege erworben hat, stets eine ehrenvolles Andenken bewahren“. In einem anderen Nachruf hieß es: „Er ist eine Stück Rechtsgeschichte“.

Als Edith Fuchs geboren wurde lebte die Familie noch in der Hebelstraße 23; hier war auch das Büro des Vaters, und in diesem Haus wurde sie auch geboren. Ein Jahr später zog die Familie in eine größere Wohnung am Schlossplatz, und 1902 erwarb Ernst Fuchs eine eigenes Haus in der Moltkestraße 17, in dem die Familie bis zum Tode von Ernst Fuchs 1929 lebte.
Die Mutter stammte auch aus einer Juristenfamilie aus Gießen.

In dieser angesehenen, dem Bildungsbürgertum zuzurechnenden, schon damals durchaus wohlhabenden Familie der ‚Karlsruher Society’ wuchs Edith Fuchs auf. Es gab, wie in allen Fuchs-Familien, Hauspersonal und für die Kinder immer auch ein Kindermädchen.

Die Überlieferungen zu Edith Fuchs sind äußerst spärlich. Das hängt vermutlich mit ihrem Charakter und ihrer Wesensart zusammen. Ihr Neffe Ernst, Sohn des Bruders Albrecht, auch ihr Patenkind, aus der Erinnerung eines Kindes: „Sie habe vermutlich mentale Probleme gehabt, evtl. sogar eine Art geistiger Behinderung, obwohl sie durchaus einen scharfen Verstand hatte; sie sei ein nervöser Typ gewesen, hochgradig erregbar. Sie habe nur Gemüse gegessen, das bei Vollmond auf 1.000 Meter Höhe gepflanzt wurde. Sie war gut zu uns Kindern, aber immer mit Distanz, eine herzliche Beziehung kam nicht auf.“ Zumindest die skurrile Gemüseanbau-Story scheint eher eine sarkastische Beurteilung in der Familie über die wohl etwas eigenartige Lebensweise von Edith Fuchs gewesen zu sein als der Realität entsprechend.

Über die Schulzeit von Edith Fuchs ist nichts bekannt. Es steht fest, dass sie auf keinem der beiden Karlsruher Mädchen-Gymnasien nach der Volksschule war, wenn sie denn überhaupt eine solche Einrichtung besucht hat. Evtl. hat sie eine Privatschule und später vielleicht eine so genannten Höhere Töchterschule, in Karlsruhe oder andernorts, besucht. Sie war jedoch sehr musikalisch. Das berichtete auch der Neffe Ernst. Von 1914 bis 1916 war sie Schülerin am 1884 von Heinrich Ordenstein gegründeten „Großherzoglichen Konservatorium für Musik“ in Karlsruhe. Hier erlernte sie Klavier und trat auch verschiedentlich als Solistin bei öffentlichen Konzerten des Konservatoriums, z.T. in Anwesenheit der Großherzogin Luise, mit Klavierstücken von Mendelsohn-Bartholdy, Brahms, Beethoven und R. Strauß auf. Eine Abschlussprüfung hat sie hier nicht abgelegt, auch in den Folgejahren nicht. Bereits im Schuljahr 1910/1911 des Konservatoriums besuchte sie mit ihrer Mutter und deren Schwägerin Paula, Ehefrau von Arthur Fuchs, als Hospitantin das Konservatorium, damit herausgefunden werden konnte, ob sie schon ‚reif’ für diese musikalische Ausbildung war. Dass sie erst 3 Jahre später Schülerin des Konservatoriums wurde, lässt darauf schließen, dass sie in der Zwischenzeit eine andere schulische Ausbildung besuchte.
Einen ‚zivilen’ Beruf erlernte sie nicht. Ob sie als Pianistin später ihren Weg ging, konnte nicht festgestellt werden. Überhaupt bleibt ihr Lebensweg für die nächsten 10 Jahre im Dunkel. Ende der 1920er Jahre soll sie – wo? wie lange? – in Dänemark gelebt haben, hieß es.

Edith Fuchs lebte im Haus der Eltern in der Moltkestraße, und als das Haus nach dem Tod des Vaters verkauft wurde, zusammen mit der Mutter in dem von dieser gemeinsam mit ihrem Sohn 1929 erworbenen Haus Bachstraße 12, in dem auch die Kanzlei von Albrecht Fuchs, nunmehr assoziiert mit dem Rechtsanwalt Hermann Schweizer, untergebracht war.

1934, das genaue Datum ist nicht mehr feststellbar, wanderte Edith Fuchs zusammen mit einer gleichaltrigen Holländerin namens Margriet de Goeyen, nicht-jüdisch, mit der sie eine enge Freundschaft geschlossen hatte, nach Holland aus. Ob die Auswanderung einen politischen Hintergrund hatte, darf bezweifelt werden. Beide lebten in einer gemeinsamen Wohnung in Scheveningen. Sie erhielt für Ihr Leben in Holland die stattliche Summe von 99.600 RM als Vorauszahlung auf ihr späteres Erbe von ihrer Mutter. Ende 1938 erhielt sie – auf der Basis eines Erbverzichtsvertrages – noch einmal 25.000 RM. Sie dürfte also bei sparsamer Lebensführung keine finanziellen Sorgen gehabt haben. Die damals obligate Judenvermögensabgabe wurde über ihren Bruder geleistet. Ob sie jemals irgendwo irgendetwas gearbeitet und mit ihrer Arbeit Geld verdient hat, ist mehr als fraglich.

In die Wohnung, die Edith Fuchs im Hause Bachstraße 12 in Karlsruhe bewohnt hatte, zog nunmehr Albrecht Fuchs mit Familie ein, da er sein 1927 erworbenes Haus in der Richard-Wagner-Straße 11 nicht länger halten konnte und verkaufen musste, denn nach Hitlers Machtübernahme war auch seine Anwaltskanzlei sehr bald von dem Boykott jüdischer Anwälte und dem daraus resultierenden dramatischen Einnahmenverlust betroffen.

Ein Dr. Driesen, Freund der Familie Fuchs, Jude, aus Deutschland stammend, in Holland lebend, war – so die Ausführungen ihres Bruders Albrecht im Wiedergutmachungsverfahren nach dem Krieg – der Berater von Edith Fuchs in finanziellen Angelegenheiten. Dieser habe sich aufgrund seiner geschäftlichen Verbindungen ins Ausland angeboten, Geld von Edith Fuchs ins Ausland, Schweiz oder USA, zu transferieren, um es vor deutscher Beschlagnahmung in Sicherheit zu bringen. Er wurde jedoch durch Denunziation von der Gestapo verhaftet Weitere substantiierte Informationen zu ihm fehlen. Bei seiner Verhaftung wurde das Geld bei ihm gefunden. Das brachte die Gestapo auf die Spur von Edith Fuchs, sie wurde ebenfalls verhaftet und kam im Juli 1942 nach Westerbork, von hier wurde sie am 21.8.1942 nach Auschwitz deportiert, zusammen mit weiteren 1.007 Personen. Das Landgerichtgericht Gravenhage stellte durch Beschluss vom 2.6.1948 den Tod von Edith Fuchs auf den 24.8.1942, also 3 Tage nach Abtransport aus Holland, fest, d.h. es wurde angenommen, dass sie sofort nach Ankunft ermordet wurde.

Familie Fuchs – von Weingarten nach Karlsruhe
Die Familie Fuchs stammte ursprünglich wohl nicht aus Weingarten, dem vor den Toren Karlsruhes und Bruchsals gelegenen Bauern- und Weindorf, sondern – wie es hieß - aus dem elsässischen Dorf Niedernai, südlich von Straßburg gelegen. Anfang des 19. Jahrhunderts, das genaue Datum ist nicht mehr zu ermitteln, ließ sich Nathan Fuchs mit seiner Frau Jeanette (Schönle) und den beiden Söhnen Baruch (geb. 1786) und Nathan (geb. 1789) in Weingarten nieder. Am 18.1.1815 heiratete Baruch Fuchs die aus dem Nachbardorf Untergrombach stammende Babette (Bräunle) Lichter (geb. 1791). 15 Kinder (11 Jungen, 4 Mädchen) wurden ihnen zwischen 1816 und 1832 geboren. Soweit überprüfbar, erreichten nur 3 Jungen das Erwachsenenalter, nämlich Seligmann, Lehmann und Hirsch, letzterer Protagonist in diesem Bericht, alle anderen starben als Baby oder Kleinkind.

Hirsch Fuchs wurde am 1.12.1824 geboren. Zu dieser Zeit hatte Weingarten knapp 3.000 Einwohner, fast 1.000 mehr als zur Jahrhundertwende, 120 davon waren Juden. Über Kindheit und Jugend von Hirsch Fuchs ist nichts überliefert. Er war Metzgermeister und Viehhändler, wie schon sein Vater. Er heiratete am 26.6.1855, 30-jährig, die aus Nordstetten (bei Horb) stammende Fanny Ottenheimer, geb. 20.7.1832, Tochter des Getreidehändlers Joseph Ottenheimer und seiner Frau Henriette (Jette) geborene Rothschild. Zu dieser Zeit war Joseph Ottenheimer jedoch bereits in den USA, vor seinen Gläubigern geflohen. Auch sie bekamen 15 Kinder zwischen 1856 und 1875, 13 Jungen (darunter zweimal Zwillinge) und 2 Mädchen, 13 von den 15 in Weingarten, 2 als Nachzügler in Karlsruhe (Friedrich und Bianca).

1871 zog die ganze Familie nach Karlsruhe, mit 12 Kindern im Alter von 1 bis 15 Jahren, Hirsch Fuchs’ Schwiegermutter Henriette Ottenheimer und dem gesamten Hausrat und Möbeln auf 2 großen Leiterwagen, auf denen sonst Heu und Stroh gefahren wurde, von Pferden gezogen, auf der Landstraße über Durlach nach Karlsruhe in die Zähringerstraße 28, berichtete Gustav Fuchs, der drittälteste der Söhne, seinem Sohn Richard, der es aufschrieb. Diese Art des Umzuges lässt fraglos auf große Sparsamkeit schließen. Das Haus hatte er gekauft; es hieß, er habe während des Krieges 1870/1871 gut verdient, d.h. viel Vieh an die Armee verkauft, und konnte sich daher ein Haus in Karlsruhe leisten. Der Grund für den Umzug? Hirsch Fuchs erhoffte sich in der stürmisch wachsenden Landesmetropole bessere Geschäfte, vor allem gab es hier für die Kinder bessere Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten. Wie wir noch sehen werden, trat aber keines der Kinder in die väterlichen Fußstapfen als Metzger/Viehhändler.
Das Wohnhaus der Familie lag im so genannten Dörfle, damals eine eher ärmliche Gegend, so wurde lange Zeit diese Adresse verschwiegen, auch als die Kinder schon Erwachsene waren.
Am 15.1.1873 wurde Hirsch Fuchs – gegen Zahlung eines Geldbetrages - in die Bürgerliste der Stadt Karlsruhe aufgenommen, um das Bürgerrecht zu erlangen, womit, damals noch, in bestimmtem Umfang Bürgernutzen verbunden war, für ihn als Viehhändler sicherlich von gewisser Bedeutung, aber es war auch eine Sache des Sozialprestiges, nämlich dazu zu gehören.
Zumindest in den ersten Jahren seiner Karlsruher Zeit hat Hirsch Fuchs vermutlich noch den Viehhandel betrieben, in den Adressbüchern wurde er noch als Viehhändler geführt, nicht jedoch als Metzger. Er war, als er nach Karlsruhe kam, noch keine 50 Jahre, für das Altenteil also viel zu jung, aber Spuren dieser Tätigkeit waren nicht auszumachen. Als Viehhändler benötigte er Stallungen, wo waren diese? Und: haben ihm die ältesten Söhne Bernhard (geb. 18.4.1856), Max (geb. 26.7.1857) und Gustav (geb. 22.9.1858) dabei geholfen oder helfen müssen? Wahrscheinlich nicht. Es ist eher anzunehmen, dass er dafür fremde Hilfskräfte hatte, vielleicht aus Weingarten mitgebracht, und die Söhne sind weiterhin zur Schule gegangen oder haben eine Berufsausbildung absolviert. 1876 finden wir die Familie Fuchs im Nachbarhaus Nr. 26 in der gleichen Straße. Es ist möglich, dass es sich um das gleiche Haus wie zuvor handelte, das aber eine andere Hausnummer erhalten hatte. Bemerkenswert ist, dass in dem Haus von Hirsch Fuchs außer der eigenen Familie, die schon groß genug war, so lange er das Haus hatte stets auch fremde Leute, Mieter, lebten, zeitweilig bis zu 4 gleichzeitig, und immer wieder wechselten die Namen der Mieter. Hier wohnten Hirsch und Fanny Fuchs bis in das Jahr 1893, dann wurde das Haus an den Maler-Anstreicher Gustav Heil verkauft, die Eheleute Fuchs zogen in das Haus Kriegsstraße 46, zur Miete wohnend. Hier starb Hirsch Fuchs am 1.10.1893. Seine Witwe lebte dort bis zu ihrem Tode. Das Haus Zähringerstraße 26 steht heute noch und befindet sich, jedenfalls äußerlich, in gutem, renoviertem Zustand, mit aufwändiger Fassaden-Malerei.
Am 1.3.1913 starb Fanny Fuchs in Karlsruhe. Nach einem Bericht des Urenkels Ernst, dem es einst sein Vater Albrecht erzählte, waren alle Fuchs-Söhne und Schwiegertöchter am Sterbebett versammelt und nahmen trauernd Abschied von der Sterbenden mit dem jüdischen Trauergebet.

Die Holzhandlung H. Fuchs Söhne (HFS)
6 Jahre nach dem Umzug nach Karlsruhe, am 1.8.1877, wurde die Holzhandels-Firma „H.Fuchs Söhne“ als Offene Handelsgesellschaft (OHG) gegründet und ins Handelsregister Karlsruhe eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafter waren Bernhard, Max und Gustav Fuchs, junge Männer von 21, 20 und 19 Jahren. Hirsch Fuchs war nicht Gesellschafter in der neuen Firma, auch später erschien er nie als Gesellschafter der Firma im Handelsregister. Ob er der Ideengeber für die Holzhandlung war oder seine Söhne, das lässt sich nicht mehr feststellen.
Mutmaßlich haben diese Fuchs-Söhne, und später auch die anderen Söhne, die in der Firma tätig wurden, nicht nur eine solide kaufmännische Ausbildung erfahren, sondern auch eine fachspezifische Ausbildung im Holzhandel; ohne jede Fachkenntnisse ein solches Geschäft zu betreiben, das ist kaum vorstellbar. Aber darüber sind leider keine Details überliefert.

Es war die Zeit einer rasanten wirtschaftlichen Entwicklung in Karlsruhe, von 1870 bis 1900 hatte sich die Einwohnerzahl der Stadt fast verdreifacht, es wurde gebaut und gebaut, und dafür wurde auch Holz gebraucht. Die Fuchs’ Söhne, die dem Vater zu Ehren die Firma
H. (von Hirsch) Fuchs Söhne nannten, hatten auf das ‚richtige Pferd’ gesetzt. Gleichwohl war der Anfang mühselig und schwer. Sie müssen unglaublich hart gearbeitet haben und zugleich äußerst findig gewesen sein, sonst hätten sie sich nicht gegen die Konkurrenz durchsetzen und den Grundstein dafür legen können, dass die Firma in den folgenden Jahrzehnten zur bedeutendsten Holzhandlung im Südwesten wurde. Wo genau Lager und Büro waren, lässt sich für die ersten Jahre nicht mehr feststellen, erst in den 1880er Jahren ist als Adresse Durlacher Allee 18 als eigenes Grundstück mit Schopf (Schober) genannt, das Nachbargrundstück Nr. 16 wurde alsbald ebenfalls erworben. 10 Jahre später hatten sie kein eigenes Grundstück mehr, sondern betrieben den Holzhandel in gemieteten Räumlichkeiten in der Karlsruher Oststadt, in der Rudolfstraße 15, danach in der Georg-Friedrich-Straße 19 und dann in der gleichen Straße Nr. 22.
Schon am 15.6.1897 wurde die Niederlassung Stuttgart am Westbahnhof gegründet, Niederlassungsleiter wurde Max Fuchs und nur 4 Jahre später, am 25.5.1901, wurde eine Niederlassung in Straßburg, damals deutsches Reichsgebiet, im Hafengelände errichtet. Niederlassungsleiter wurde Hermann Fuchs (geb. 4.4.1866). Voraus gegangen waren bereits in der 2. Hälfte der 1880er Jahre zwei Filialgründungen, die erste in Gernsbach, der Papiermacherstadt im Nordschwarzwald, die zweite in Baden-Baden. Beide Filialgründungen erwiesen sich jedoch als Misserfolge, da der mit der Leitung beauftragte Gustav Jacob, ein Schwager der Firmengründer, der die einzige Fuchs-Tochter, Jenny (Jeanette) geheiratet hatte, sich als ungeeignet erwies. Beide Filialen waren nicht im Handelsregister eingetragen.
Die Geschäftspolitik war also von Anfang an auf Expansion ausgerichtet.

Mit dem Ausbau des Karlsruher Hafens um die Jahrhundertwende sahen die Fuchs-Söhne ihre große Chance für einen Riesenschritt nach vorn; sie sicherten sich 1900 bzw. 1903 von der Stadt Karlsruhe ein großes Areal von 35.000 qm (Uferstraße/Hansastraße) und zwei kleinere Areale von 6.000 qm (Hochbahnstraße) und 5.000 qm (Hansastraße), zunächst nur auf Pachtbasis (die Stadt wollte nicht verkaufen), 1923 jedoch konnten sie die Grundstücke kaufen. Auf dem Haupt-Gelände wurde auch ein Säge- und Hobelwerk errichtet, und nach Jahren kam auch noch eine Parkettfabrikation dazu, die anderen Areale wurden ausschließlich als Lagerplätze genutzt.
Hirsch Fuchs hat den Auf- und Ausbau der Firma nur in den Anfängen erlebt, er starb, wie schon erwähnt, 1893 in Karlsruhe, 69 Jahre alt. Nach und nach kamen auch die Söhne Arthur (geb. 17.8.1869), Jacob (geb. 26.11.1870) und Friedrich (geb. 5.6.1873) und der schon erwähnte Sohn Hermann in das Geschäft, zuerst als Prokuristen, später als Gesellschafter. Zwei der Söhne, nämlich Samuel (geb. 15.10.1859), der sich später Ernst nannte, und Siegmund (geb. 14.1.1868) hatten andere berufliche Intentionen als den Holzhandel, sie wurden angesehene Rechtsanwälte. Auch über sie wird noch berichtet.

Die Filiale Straßburg wurde in der Folge des verlorenen Krieges nach dem Versailler Vertrag von Frankreich, zu dem nun wieder Elsaß und Lothringen gehörten, unter französische Verwaltung gestellt, d.h. de facto enteignet. Ob jemals eine Entschädigung gezahlt wurde, ist nicht aktenkundig.
1920 wurde die OHG in eine Kommanditgesellschaft (KG) umgewandelt, 1922 die KG in eine GmbH. Das Stammkapital betrug – inflationsbedingt aufgebläht – 14 Mill. Mark. Allem Anschein nach hat die Firma die äußerst schwierige Zeit der Inflation ohne nachhaltige Blessuren überstanden. Mit Beendigung der Inflation und Einführung der Reichsmark betrug – nach der vom Gesetz her vorgeschriebenen Eröffnungsbilanz zum 1.1.1924 – das Stammkapital der GmbH 2,1 Mill. RM. Geschäftsführer waren Arthur, Jacob und Friedrich Fuchs, und aus der 2. Generation Bernhard (jr.), Sohn von Max Fuchs, Gottfried, Sohn von Gustav Fuchs, und Philipp Fuchs, Sohn von Bernhard Fuchs. Die 3 Firmengründer waren zwar noch Gesellschafter, aber nicht mehr Geschäftsführer, denn nach einer ungeschriebenen Regel durfte von jedem Familienzweig immer nur einer als Geschäftsführer in der Firma tätig sein, wollte also ein Sohn in die Geschäftsführung, musste der Vater ausscheiden.
1922 wurde auch eine rechtlich selbständige Außenhandelsgesellschaft als Tochtergesellschaft von HFS gegründet, Allein-Geschäftsführer wurde – neben seiner Geschäftsführerfunktion bei HFS – Gottfried Fuchs, der legendäre Fußballspieler, der bei der Olympiade 1912 in Stockholm im Spiel gegen Rußland für Deutschland legendäre 10 Tore schoss. 1928 wurde der Sitz dieser Firma auf Betreiben von Gottfried Fuchs nach Berlin verlegt, er zog mit Familie nach Berlin, weil ihm das Leben in Karlsruhe zu provinziell war, und erwarb hier ein schönes Haus im vornehmen Stadtteil Nikolassee. 1926 kehrte Hermann Fuchs nach Karlsruhe zurück, kaufte sich ein Haus in der Beethovenstraße 9 und wurde wieder als Geschäftsführer bestellt.
Am 3.12.1926 starb Bernhard Fuchs, der älteste der Fuchs-Söhne. 1927 schied Arthur Fuchs, Königl. Belgischer Konsul seit 1926, aus der Geschäftsführung aus, an seine Stelle trat sein Sohn Dr. Wilhelm Werner (genannt Bill) Fuchs. Im gleichen Jahr wurden die Beteiligungen an 3 anderen Firmen in Bad Dürrheim, in Mühlhausen und in Karlsruhe verkauft, außerdem wurde beschlossen, eine Verschmelzung der Stuttgarter Niederlassung mit der Konkurrenzfirma Wieder aus Stuttgart durchzuführen. Einzelheiten dieser ‚Verschmelzung’ sind nicht überliefert; im Handelsregister wurde die Niederlassung Stuttgart nicht mehr genannt, andererseits war sie im Stuttgarter Adressbuch noch bis 1938 verzeichnet. Aus mancherlei Hinweisen ergibt sich die Vermutung, dass der Übergang auf die Firma Wieder erst in der Mitte der 1930er Jahre oder sogar später erfolgte.
1931 schied Hermann Fuchs wieder aus der Firma aus, seinen Gesellschafteranteil von
300.000 RM ließ er sich auszahlen, das Gesellschaftskapital wurde auf 1,8 Mill. RM herabgesetzt.
In den Jahren 1931 bis 1933, es herrschte die Weltwirtschaftskrise, machte HFS erstmals in der Firmengeschichte Verluste. Die Höhe dieser Verluste ist nicht aktenkundig. Vermutlich vor dem Hintergrund dieser verlustreichen Jahre ließen sich die Gesellschafter insgesamt 500.000 RM, individuell in unterschiedlicher Höhe, auszahlen. Das Gesellschaftskapital betrug nunmehr nur noch 1 Mill. RM. Am 16.2.1933 starb in Stuttgart auch Max Fuchs, der letzte des Gründer-Trios der Holzhandelsfirma HFS.
Ab 1934 wurden endlich wieder Gewinne erzielt. Und trotz Naziherrschaft und davon ausgehendem Boykott jüdischer Firmen – auch HFS wurde davon betroffen: viele Kunden kauften nicht mehr, manche Lieferanten lieferten nicht mehr – hatte HFS in den folgenden 3 Jahren weiterhin eine gute bis sehr gute Geschäftsentwicklung, die Firma hatte in Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf in der Branche erworben, das kam ihr auch in dieser Zeit zugute. Das Jahr 1937 war sogar – von der Ertragsseite - das beste in der Firmengeschichte. Anfang 1935 wurde Oskar Fuchs, der älteste Sohn von Jakob Fuchs zum Geschäftsführer bestellt, dafür schied Jacob Fuchs aus der Geschäftsführung aus. Ab Januar 1936 wurde Adolf Schnitzler, ein Ingenieur aus Vaihingen/Enz zum weiteren Geschäftsführer bestellt, erstmalig kein Familienmitglied und Nicht-Jude; er fungierte als Technischer Direktor. Er war auch mit einem ganz geringen Betrag von etwa 0,1% am Gesellschaftskapital beteiligt. Ende 1936 wurde – aus steuerlichen Gründen – die GmbH in eine in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Geschäftsführer und persönlich haftende Gesellschafter (Komplementäre) waren nunmehr Dr. Bill Fuchs, Oskar Fuchs und Adolf Schnitzler, alle anderen – das waren Helene Fuchs, Philipp Fuchs, Jakobine Fuchs, Bernhard Fuchs, Arthur Fuchs, Jakob Fuchs, die Söhne von Bill Fuchs, Werner Gottfried u. Hans Otto, und Friedrich Fuchs – waren nur noch Kommanditisten.


Leben in und mit der Familie Fuchs
Was machte die Besonderheit dieser Familie aus, die nicht nur viele tüchtige Kaufleute, echte
Unternehmer, hervorgebracht hat, sondern auch einige recht erfolgreiche Rechtsanwälte, in der 2. Generation auch Ärzte und Wissenschaftler und sogar einen promovierten Architekten? Da wäre vor allem und zuerst die ‚Matriarchin’ Fanny Fuchs zu nennen, die als außerordentlich streng und dominant in der Familie galt, gleichwohl aber von ihren Kindern und auch Enkeln geliebt wurde, ob von allen, bleibt dahin gestellt. Ihre besondere Strenge (Zucht und Ordnung) war wohl bei der großen Kinderzahl pure Notwendigkeit, auch wenn sie im Haushalt und bei der Erziehung der Kinder von ihrer Mutter unterstützt wurde, die mit im Haushalt lebte, erst in Weingarten, später in Karlsruhe. Die Erziehung der Kinder war weitgehend in den Händen von Fanny Hirsch. Es hieß, wenn Vater Hirsch abends nach Hause kam und eines der Kinder (oder auch mehrere) ungezogen waren, so nannte Fanny ihm nur den Namen des Kindes/der Kinder, und Hirsch Fuchs verabreichte die ihm angemessen erscheinende Strafe, in der Regel wohl eine Tracht Prügel, ohne nach Einzelheiten zu fragen oder ein Gespräch mit dem Kind zu führen. Das ist die Überlieferung, aber sie ist nicht zu belegen. Und das ist auch das Einzige, was von Hirsch Fuchs überliefert ist. Allerdings hat keiner der noch lebenden Fuchs-Nachfahren Hirsch Fuchs und Fanny Fuchs mehr erlebt.
Besonders aufmerksam wurden insbesondere die schulischen Leistungen der Kinder von den Eltern verfolgt, denn es lag ihnen daran, dass die Kinder ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechend sich entwickeln sollten und konnten. Mit gleicher Aufmerksamkeit und Sorgfalt wurde auch die Berufsausbildung der Söhne – Studium oder kaufmännische Ausbildung, im Inland und auch im Ausland, vorbereitet und begleitet; so z.B. wurde Friedrich Fuchs 1893 für ein Jahr zur Ausbildung bis nach Budapest geschickt und danach nach England. Und gleichermaßen verfuhren später die Fuchs-Söhne wiederum mit ihren Söhnen, die u.a. in die Tschechoslowakei, nach Polen und sogar bis nach Memel zur Ausbildung für ihre spätere Tätigkeit in der Firma geschickt wurden.
Die Familie war „gut“ jüdisch, also religiös, aber nicht fromm, die jüdischen Feiertage wurde der Tradition gemäß begangen, die Synagoge besucht, so oft es ging, mit Ausnahmen (z.B. Jacob Fuchs). Auch Weihnachten wurde gefeiert. Die Kinder – und auch deren Kinder, in der Mehrzahl jedenfalls – besuchten selbstverständlich den Religions-Unterricht. Ob auch die jüdischen Speisegesetze immer genau befolgt wurden, ist nicht bekannt. Eine Heirat der Söhne mit einer nicht-jüdischen Frau z.B. war damals völlig undenkbar. In der folgenden Generation hatte sich schon vieles verändert (auch eine Heirat mit einer Christin wurde akzeptiert), in den dann folgenden Generationen erst recht.
Alle Familienmitglieder respektierten sich gegenseitig, hielten immer engen Kontakt zu einander. Mindestens einmal im Jahr, am Neujahrstag, kam die ganze Familie in Karlsruhe zusammen. Diese Tradition setzte sich auch nach dem Tod von Hirsch Fuchs und ebenso nach dem Tod von Fanny Fuchs fort. Aber das war nicht alles. Herbert Kaufmann (geb. 1924), ältester Sohn von Philipp Fuchs’ Schwester Margarete, die 1923 den Frauenarzt Dr. Eugen Kaufmann geheiratet hatte, und mit ihm im gleichen Jahr nach Basel umsiedelte, berichtete in einem aufgezeichneten Interview: „Die Eltern meiner Mutter hatten an der Kriegsstraße (Nr. 41) ein geräumiges Haus. Von Freitagmorgen bis Sonntagabend war es ein so genanntes ‚open house’. das hieß, die ganze große Fuchs-Familie und alle Angeheirateten konnten jederzeit ab 10.00 Uhr früh antreten. Die Verwandten kamen und gingen, ständig standen frische Speisen und Getränke auf dem Tisch, es war ein Hin und Her und ein umfassender Informationsaustausch zwischen allen. Man wusste genau übereinander Bescheid und respektierte sich. Die Oma Fuchs führte auch nach dem Tod ihres Mannes (1926) einen sehr gutbürgerlichen Lebensstil, sie war eine Patriarchin, sie hat da gethront und das Defilee der Fuchs-Familie abgenommen.“ Später reduzierte sich diese Familien-Begegnung auf Sonntag Nachmittag bei Kaffee und Kuchen, weil ihr das Haus ab 1930 nicht mehr gehörte, sie bewohnte dort nur eine gemietete Wohnung. Und als sie 1935 in das Haus ihres Schwiegersohnes Dr. Jakob Marx in der Beethovenstraße 1 zog, hörte auch dieses ‚Ritual’ auf.
Und sie empfanden sich alle als „deutsch“, sie waren in der Gesellschaft integriert, sie waren Mitglied in angesehenen Vereinen (z.B. Arthur Fuchs im KETV – Karlsruher Eislauf-u. Tennisverein, bereits seit 1913, und im Badischen Kunstverein, dort sogar im Vorstand). Der Weltkrieg 1914/18, an dem auch viele Mitglieder der Familie als Freiwillige teilnahmen, stärkte dieses Empfinden noch deutlich. Dazu trug sicherlich das Kaiserwort von 1914 „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“ bei. Dieses Kaiserwort war zwar nicht den Juden zugedacht, fand bei ihnen aber begeisterte Resonanz, im ganzen Lande. Und wie selbstverständlich waren auch alle Füchse Mitglied in den zahlreichen sozialen jüdischen Organisationen. Besonders bemerkenswert erscheint, dass so viele Mitglieder der verschiedenen Fuchs-Familien der 1. und später auch der 2. Generation in der Holzhandelsfirma arbeiteten, anscheinend einträchtig, von irgendwelchen Zwistigkeiten ist jedenfalls nicht überliefert. Wer war der heimliche „Chef“? Leider geben weder Handelsregister noch die Überlieferungen Auskunft darüber, wer welche Aufgabe in der Firma hatte.
Die 1880er und 1890er Jahre waren für die Familie ereignisreich. 1880 kam Fanny Fuchs’ Bruder Samuel, der von ihr viele Jahre zuvor in die USA geschickt wurde, um nach dem vor seinen Gläubigern in die USA geflohenen Vater zu suchen, was ergebnislos blieb, nach Karlsruhe zu Besuch zur Familie. Die Tochter Jenny (geb. 24.3.1861 in Weingarten), die sich inmitten der vielen Brüder vernachlässigt fühlte und sich nichts mehr wünschte als aus dieser Enge herauszukommen, was jedoch nur über eine Eheschließung möglich war, verliebte sich in Samuel Ottenheimer, ihren Onkel. Dieser hätte sie – der Überlieferung zufolge - auch gern geheiratet und mit nach Amerika genommen. Aber Fanny Hirsch war damit nicht einverstanden, nicht nur wegen der engen verwandtschaftlichen Beziehung, sondern auch wegen des großen Altersunterschiedes. Samuel Ottenheimer wurde von seiner Schwester umgehend wieder in die USA zurück geschickt. Er betrieb dort im Staate Oregon eine kleine Mineralwasserfabrik. Jenny war außerordentlich deprimiert. Die Eltern arrangierten deshalb so bald als möglich eine ‚konventionelle’ Heirat, und zwar mit dem am 2.9.1856 in Hauprensweiler/Saar geborenen Kaufmann Gustav Jacob. Jenny erhielt zur Hochzeit eine für die damalige Zeit sehr ansehnliche Mitgift (als Vorwegerbe) von 18.000 Mark, mit anderen Worten, der Schwiegersohn wurde „gekauft“. Die Ehe wurde am 31.7.1882 in Karlsruhe geschlossen. Die Wahl Gustav Jacobs als Ehemann für die Tochter erwies sich jedoch bald als ein großen Unglück, er war wohl ein Taugenichts, er misshandelte seine Frau und erwies sich als ungeeignet, die Filialen der Firma H. Fuchs Söhne in Gernsbach und Baden-Baden zu führen, wie oben schon erwähnt. Als seine Frau mit dem 4. Kind schwanger wurde, verließ er die Familie 1891 und setzte sich nach Amerika ab. Es konnte aber auch sein, dass die Hirsch Brüder, also seine Schwager, ihn mehr oder weniger dazu gezwungen hatten zu ‚verschwinden’. Jenny Jacob starb am 18.10.1891, 5 Tage nach der Geburt des Kindes Ellen Jenny in Baden-Baden, gerade einmal 30 Jahre alt. Sie hinterließ 4 Kinder, die von ihren Brüdern in Pflege genommen wurde, nach dem Tod von Hirsch Fuchs wurden sie gesetzlicher Vormund. Darüber gibt es einen ausführlichen Bericht, der aber den Rahmen dieser Biografie sprengen würde. Am 10.9.1892 starb das Kind Ellen in Karlsruhe. Ersatzvormund für alle 3 noch lebenden Kinder wurde Ignaz Ellern, Inhaber des gleichnamigen jüdischen Bankhauses, was darauf schließen lässt, dass Ellern in ein einem besonders engen, vertrauensvollen Verhältnis zur Familie Fuchs stand. Im gleichen Jahr 1880 als Samuel Ottenheimer zu Besuch kam und in die USA zurück beordert wurde, wurden die Zwillings-Söhne von Hirsch und Fanny Fuchs, Moses und Isidor (geb. 21.1.1865 in Weingarten) im Alter von also 15 Jahren in die USA geschickt, um Fannys Bruder Samuel beim Aufbau seiner Mineralwasserfabrik zur Hand zu gehen, wie es hieß; am 13.12.1880 ging ihr Schiff von Hamburg ab. Vermutlich gab es zu dieser Zeit keine geeignete Einsatzmöglichkeit für die Buben in der Firma der älteren Brüder, oder sie machten den Eltern in anderer Weise Probleme, und die Auswanderung war – damals durchaus keine Seltenheit - eher eine ‚Strafe’, auf Geheiß der Mutter.
Eine weitere ‚Strafaktion’ gab es 2 Jahre später. Der Sohn Hermann (geb. 4.4.1866 in Weingarten), so berichtete seine Tochter Suzanne 1996 im Interview mit Steffen Jacob,
Nachkomme der 4. Generation, der dieses Interview aufzeichnete, niederschrieb und zusammen mit zahlreichen weiteren Interviews mit Angehörigen der verschiedenen Fuchs-Familien in einem Buch mit dem Titel „Leben danach“ veröffentlichte, auf dieses Buch bzw. die Interviews wird noch des öfteren zurück gegriffen, hatte sich an Jom Kippur unbemerkt aus der Synagoge, wo die Familie den ganzen Tag zum Beten weilte, weggeschlichen und zu Hause eine Schüssel vorbereiteten Desserts, Buwele genannt, aufgegessen, somit also das strenge Fastengebot dieses hohen Feiertages verletzt. Fanny Fuchs hatte sich darüber sehr erregt. Die Strafe folgte auf dem Fuße, er wurde in die USA zu seinen Brüdern Moses und Isidor und Onkel Samuel in Baker City/Oregon geschickt. Er musste die Schule mitten im Schuljahr verlassen. Im Januar 1883 verließ er Deutschland und kehrte erst 1899 zurück. In dieser Zeit war die Niederlassung Straßburg in Vorbereitung, deren Leitung er übernehmen sollte, was dann auch 1901, wie erwähnt, erfolgte.
Weil die Familie Fuchs durch den Holzhandel dominiert wurde, bekamen die Familien-Mitglieder in der Gesellschaft den Übernamen „Holz-Füchse“, auch wenn sie mit dem Holzhandel gar nichts zu tun hatten.
Weil die Familie Fuchs durch den Holzhandel dominiert wurde, bekamen die Familien-Mitglieder in der Gesellschaft den Übernamen „Holz-Füchse“, auch wenn sie mit dem Holzhandel gar nichts zu tun hatten.

Familiengründungen.
Die 1880er und 1890er Jahre und die ersten Jahre im neuen Jahrhundert waren in der Familie Fuchs vor allem bestimmt durch Familien-Gründungen, aber auch durch einige Todesfälle.

Der erste der Fuchs-Söhne, der heiratete, war Max: am 30.10.1883 heiratete er, 26-jährig, die aus Stuttgart stammende Jacobine Mahler, geboren am 17.10.1863, Tochter des Kaufmanns
Aron Mahler und seiner Frau Sofie geb. Herbst. Nach der Heirat zog das junge Paar in die Waldhornstraße 26, drei Jahre später in die Gottesauer Straße 11. Bis zur Heirat wohnte Max – wie alle seine Geschwister – im Hause der Eltern. Max und Jacobine Fuchs wurden 3 Kinder geboren: Bernhard (geb. 13.7.1884), Franz (geb. 25.2.1887) und Leonie (geb. 20.9 1891)
Bevor die Familie nach Stuttgart verzog, weil Max Fuchs 1897 die neu errichtete Filiale in Stuttgart übernahm, wechselte die Familie noch viermal die Wohnung in Karlsruhe. In Stuttgart erwarb er ein Haus in der Azenbergstraße 82.

In der Liste der ‚Heiratskandidaten’ folgte Bernhard (geboren mit dem Namen Baruch, der später in Karlsruhe seinen Namen in Bernhard änderte), der älteste der Söhne. Er heiratete am
26.4. 1886 in Soest/Westfalen die hier am 26.4.1861 geborene Helene Stern, Tochter des Kaufmanns Eduard Stern und seiner Frau Sofie geborene Schnerbeck. Das junge Paar bezog nach der Heirat eine Wohnung in der Adlerstraße 44, 2 Jahre später in der Kriegsstraße 28 und weitere 2 Jahre später in der gleichen Straße Nr. 6 und nach weiteren 5 Jahren in der Karl-Friedrich-Str 6, mitten in der Innenstadt beim Rathaus. Bernhard Fuchs war der erste von all den Fuchs-Söhnen, der sich ein eigenes Haus kaufte, im Jahre 1900 in der Kriegsstraße 41. Dem Paar wurden 6 Kinder zwischen 1887 und 1898 geboren: Bertha, die am Tag ihrer Geburt, am 28.8.1887, starb; Philipp (geb. 20.8.1888), von dem später noch ausführlich die Rede sein wird; Henriette (geb. 20.7.1890), deren Leben in einer eigenen Biografie zusammen mit ihrer Tochter Gertrud beschrieben ist („Henriette und Gertrud Marx“); Margarete (geb. 6.10.1891); Heinrich (geb. 24.6.1894, gestorben 28.10. 1894); Erich (geb. 31.7.1898), der als Soldat im Weltkrieg am 31.8.1917 in Rußland sein Leben verlor.

Nach Bernhard heirate Gustav Fuchs 1886 (genaues Datum und Heiratsort waren nicht feststellbar) die aus Kippenheim stammende Sarah Durlacher, geb. 13.7.1863, Tochter des Weinhändlers Salomon Durlacher und seiner Frau Rachel geborene Weil. Auch er zog nach der Heirat aus dem elterlichen Haus aus und nahm Wohnung in der Durlacher Allee 10, 2 Jahre später in der Gottesauer Straße 1, weitere 4 Jahre später in der Bernhardstraße 8, immer in unmittelbarer Nähe zum Geschäft. 1899 kaufte er das Haus Kriegsstraße 46, in dem seine Mutter nach dem Tod ihres Mannes zur Miete wohnte, und lebte dort mit seiner Familie bis zum Jahre 1915. Dann kaufte er das Haus Kriegsstraße 120 von der Brauerei Moninger und lebte hier nach einem Umbau des Hauses.
Gustav Fuchs war ein großer Musikliebhaber, vor allem liebte er die Musik von Richard Wagner. Und so gab er seinem ältesten Sohn (geb. 26.4.1887) den Namen Richard. Er hoffte, dass in der Tradition der Namensträger Richard – Richard Wagner, Richard Strauß – auch sein Sohn mit gleichem Namen eines Tages ein großer Musiker werden würde, das jedenfalls berichtete in einem Interview die Enkeltochter von Bernhard Fuchs, Elisabeth. Und alle weiteren Kinder von Gustav Fuchs bekamen Namen von Richard Wagners Operngestalten: Senta (geb. 19.3.1888), Gottfried Erik (geb. 3.5.1889), Siegmund (geb. 3.9.1898) und
Walther (geb. 8.5.1891).

Samuel Fuchs, der sich seit 1899 Ernst nannte, heiratete am 25.1.1887 in Karlsruhe die am 29.11.1865 in Gießen geborene Mina Kaufmann, Tochter des Hofgerichtsadvokaten Semian Kaufmann und seiner Frau Sofie geborene Bühler. Bereits 1 Jahr vor der Eheschließung verließ er das elterliche Haus und ließ sich in der Kaiserstraße 191 nieder, in der Wohnung betrieb er anfangs seine Anwaltskanzlei. Nach der Heirat bezog er eine Wohnung in der Waldstraße 41, 8 Jahre später finden wir unter der Adresse Hebelstraße 23, 3 Jahre später am Schloßplatz 23; 1902 erwirbt er das Haus Moltkestraße 17. Dem Paar werden 3 Kinder geboren: Erna (geb. 4.5.1890), Albrecht (geb. 7.10.1893) und Edith (geb. 1.2.1897); von ihr wird noch ausführlich berichtet.

Arthur Fuchs heiratete am 19.3.1900 in Mannheim die hier am 7.8.1875 geborene Pauline (Paula) Nauen, jüngere von 2 Töchtern von Wilhelm und Emma Nauen geborene Mayer. Ihnen wurden 2 Söhne geboren: Herbert (geb. 1.8.1901) und Wilhelm Werner, der sich später William oder Bill nannte (geb. 16.1.1903) und in den 1920er und 1930er Jahren ein sehr bekannter Tennisspieler war, mehrfacher badischer Meister, auch ein Frauen- und Mädchenschwarm. Die Familie wohnte nach der Heirat in der Kriegsstraße 46 bis zum Jahre 1907 und zog dann um zum Haydnplatz 3, erst 1925 wurde dieses Haus als Eigentum erworben.

Siegmund Fuchs heiratete am 17.5.1901 in Konstanz die am 4.4.1882 in Meersburg/Bodensee geborene Selma Koblenzer, Tochter des Fabrikanten Jakob Koblenzer und seiner Ehefrau Sara geborene Erlanger. Ihnen wurde als einziges Kind die Tochter Irene am 5.12.1905 geboren. Siegmund Fuchs hatte sich nach seinem Jurastudium in Heidelberg, Berlin und München und einer einjährigen Tätigkeit als Rechtsanwalt in Karlsruhe ab 1895 in Konstanz niedergelassen, wo er beim Landgericht Konstanz zugelassen war. In Konstanz erwarb er auch ein Haus.

Friedrich Fuchs heiratete am 26.6.1902 in Stuttgart die hier am 28.3.1880 geborne Emmy Levi, Tochter des Rechtsanwaltes Nathan Levi und seiner Frau Clara geborene Guttmann. Ihnen wurden in Stuttgart 3 Töchter geboren: Clara-Charlotte (geb. 20.4.1903), Gertrud (geb. 27.4.1906) und Renate (geb. 5.3. 1918). Friedrich Fuchs wurde in der Stuttgarter Filiale neben seinem Bruder Max tätig, zunächst als Prokurist.

Jacob Fuchs heiratete am 29.10.1903 in Stuttgart die am 9.11.1882 in Ellwangen geborene Hedwig Bauer, Tochter des Kaufmanns Adolf Bauer und seiner Frau Augusta geborene Regensteiner. Ihnen wurden 4 Kinder geboren: Oskar (geb. 5.8.1904), Erika (geb. 21.7.1907), Robert (geb. 1.6.1912) und Günther (geb. 5.10.1921). Nach der Heirat wohnte er mit Frau und später den Kindern zur Miete in der Helmholtzstraße 3 bis zum Jahr 1911, dann zog die Familie in das Haus Haydnplatz 5, das in den 1920er Jahren von mehreren Fuchs-Brüdern gemeinsam erworben wurde (BGB-Gesellschaft).

Hermann Fuchs heiratete am 20.12.1904 in Heilbronn die hier am 26.3.1879 geborene Emma Nathan, Tochter des Kaufmanns Hermann Nathan und Sara geborene Stern. Ihnen wurden 4 Kinder geboren, alle in Straßburg, weil Hermann Fuchs dort lebte und die Filiale der Firma leitete: Else (geb. 25.1.1906), Henry (geb. 27.5.1907), Ernst (geb. 26.2.1909; gest. 9.4.1911) und Suzanne (geb. 29.11.1910).

Am 6.3.1877 starb Bianca Fuchs in Karlsruhe, jüngstes in Karlsruhe am 1.9.1875 geborenes Kind von Hirsch und Fanny Fuchs.
Am 22.2.1886 starb in Karlsruhe Henriette Ottenheimer, Fanny Fuchs’ Mutter, 78-jährig.
Am 29.3.1891 starb Emanuel Fuchs in Karlsruhe, geb. am 25.11.1862 in Weingarten mit seinem Zwillingsbruder Nathan, der schon 2 Monate nach der Geburt verstarb. Über Emanuel Fuchs ist nichts bekannt, niemand aus der Familie – von den noch Lebenden – hatte je seinen Namen gehört, und über die Todesursache ist auch nichts bekannt. Das lässt die Vermutung zu, dass er möglicherweise in irgendeiner Form behindert war.
Am 1.10.1893 starb Hirsch Fuchs in Karlsruhe, 69-jährig; anscheinend ging ein längeres Leiden voraus, denn schon in seinem Testament vom Dezember 1892 sprach Hirsch Fuchs von seinem Tod.

Das Jahr 1933 und was folgte.
Der Erste, den die „Neue Zeit“ nach Hitler’ s Machtübernahme traf, war Dr. Herbert Fuchs
(geb. 1.8.1901), der älteste der beiden Söhne von Arthur Fuchs. Er war nach Jura-Studium in Freiburg, München, Berlin und Heidelberg und Promotion am 25.8.1928 in Heidelberg seit 1930 im badischen Staatsdienst beim Bezirksamt in Konstanz als Regierungsrat tätig. Aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7.4.1933 wurde er zum 15.6.1933 als Jude aus dem Staatsdienst entlassen. Noch im gleichen Jahr wanderte er mit seiner Frau Elisabeth geb. Furrieé , die er am 12.4.1932 in Holland geheiratet hatte, nach Holland aus, da sie als gebürtige Holländerin dort Familie hatte. In Holland studierte er von 1934-1936 noch einmal holländisches Recht an der Universität von Leiden mit einem Abschluss als Magister der Rechte.

Dr. Felix Moos (geb. 2.4.1887 in Ulm), verheiratet seit 25.5.1914 mit der ältesten Tochter von Ernst Fuchs, Erna (geb. 4.5.1890), Vorstand und kaufmännischer Direktor bei der Karlsruher Nähmaschinen-Fabrik Heid & Neu AG, wurde auf Druck der Nazi-Partei und der Regierung zum 30.9.1933 entlassen, weil er Jude war, obwohl das jüdische Bankhaus Straus & Co Mehrheitsaktionär der Firma war. Die Familie wanderte mit ihren 3 Kindern bereits im Februar 1934 nach Belgien aus und lebte in Brüssel.

Dr. Albrecht Fuchs (geb. 7.10.1893) Bruder der vorerwähnten Erna Moos geb. Fuchs, konnte zwar seine Anwaltszulassung, die er seit 1921 hatte, als Frontkämpfer des Weltkrieges 1914/18, mit Auszeichnungen dekoriert (EK I u. EK II, Militärverdienstmedaille und Verwundeten-Abzeichen), am 5.2.1923 in Heidelberg zum Dr. jur. promoviert, vorerst behalten, aber er spürte bald, dass seine Einkünfte mehr und mehr zurückgingen, weil er als Jude immer weniger Mandate erhielt.

Siegmund Fuchs (geb. 14.1.1868), jüngerer Bruder von Ernst Fuchs, seit 1894 als Anwalt zugelassen, erst beim LG Karlsruhe und seit 1895 beim LG Konstanz , dort auch wohnhaft, behielt – vorerst – seine Anwaltszulassung, weil er schon vor 1914 zugelassen war (das war eine der beiden Ausnahmeregelungen im Gesetz); aber auch bei ihm blieben die Mandanten
weg und die Einnahmen schrumpften gegen Null. Deshalb gab er auch mit Schreiben v. 23.12.1936 an das Landgericht Konstanz seine Anwaltszulassung zurück und wurde in der Liste der noch zugelassenen jüdischen Anwälte gelöscht. Er starb 1937 in St. Gallen/Schweiz.

Und ähnlich erging es auch Dr. Richard Fuchs (geb. 26.4.1887 in Karlsruhe), ältester Sohn von Gustav Fuchs, Architekt mit Promotion zum Dr. Ing. 1923 an der TH Karlsruhe, freischaffend seit 1919 (mit 2-jähriger Unterbrechung als angestellter Architekt bei der Reichsbahn), seit Entlassung aus dem Kriegsdienst, an dem er als Freiwilliger seit 1915 teilgenommen hatte, sehr begabt auch als Musiker (Komponist u. Pianist). Er bekam seit 1933 immer weniger Aufträge, ab 1935 überhaupt keine mehr, die Familie, 2 Töchter, Eva und Sonia, waren 1920 und 1928 geboren, mussten von der Substanz leben, berichtete seine Frau Dora (Dorothea geb. Stern) im Wiedergutmachungsverfahren.

Das Ende der Firma HFS.
Obwohl seit Hitlers Machtübernahme Diskriminierung, Ausgrenzung und Boykott von Juden maßgebliches Element der Regierungspolitik war, unterstützt von einer großen Zahl „williger Helfer“ aus allen Schichten der Bevölkerung, blieben die großen jüdischen Unternehmen noch bis 1936/37 weitgehend von dieser Politik unbehelligt, in der Mehrzahl jedenfalls, auch wenn Lieferanten und Kunden sich dem Boykott anschlossen. Das galt auch für HFS. Immerhin war die Firma drittgrößter jüdischer Arbeitgeber am Ort nach der Papier- und Zellstofffabrik Vogel & Bernheimer und der Lumpensortieranstalt und Kunstwollefabrik Vogel & Schnurmann, „man“ – das Wirtschaftsministerium wie auch die Stadt Karlsruhe – war besorgt um den Erhalt der Arbeitsplätze. HFS beschäftigte immerhin 115 Arbeiter zu dieser Zeit. Anfang 1938 war es dann aber endgültig vorbei mit der ‚Schonfrist’. Von Seiten des Badischen Wirtschafts- und Finanzministeriums wurde die Firma im Zuge der mit Macht voran getriebenen „Arisierung“, d.h. also des Zwangsverkaufs an nicht-jüdische Eigentümer massiv zum Verkauf gedrängt. Nach längerem Suchen unter Beteiligung der Badischen Bank (inzwischen auch arisiertes Bankhaus, vormals Straus & Co) wurden 2 geeignete und interessierte Käufer gefunden: Adolf Schnitzler, Mit-Gesellschafter und –Geschäftsführer von HFS, und Friedrich Schenck. Letzterer war Mehrheitsaktionär und Vorstand der Firma Ferdinand Schenck AG in Maximiliansau/Pfalz mit 7 Holzverarbeitungswerken im Südwesten.
Nach monatelangen Verhandlungen um Kaufpreis und Vertragsdetails, unterstützt von Rechtsanwalt Dr. Albrecht Fuchs, der auch den Vertrag bis ins letzte Detail entworfen hatte, kam eine Einigung zustande:1,594 Mill. RM (einschließlich der sehr umfangreichen Warenvorräte), ein „Super-Schnäppchen“. Ein unabhängiger Gutachter hatte den Wert erheblich höher taxiert. Wie immer in jener Zeit wurde bei Zwangsverkäufen von Firmen, Immobilien etc. der Kaufpreis massiv gedrückt. Von den 3 Grundstücken beanspruchte allerdings die Stadt Karlsruhe das kleinste für sich, und zwar ohne Bezahlung gegen Verzicht des Vorkaufrechtes. Auf dieser Basis wurde der Vertrag beim Notar in Karlsruhe am 19.8.1938 unterzeichnet und sollte per 1.8.1938 wirksam werden. Das Badische Wirtschafts- und Finanzministerium erteilte seine Genehmigung. Der Name der neuen Firma: H. Fuchs Söhne Nachfolger Schenck & Schnitzler OHG.
Aber das Ministerium war nur eine Behörde von drei, die ihre Genehmigung erteilen mussten; die beiden anderen waren die so genannte Marktvereinigung Forst- und Holzwirtschaft und das Reichsforstamt, eine Göring-Behörde. Und diese beiden Behörden verweigerten die Genehmigung, allerdings aus ganz unterschiedlichen Gründen, so dass der Eigentumsübergang nicht stattfinden konnte. Ohnehin hätte die Verkäuferseite über den Kaufpreis nicht frei verfügen können, er wäre auf ein Sperrkonto gegangen. Zwangsverkäufe dieser Art waren zu jener Zeit also stets de facto Enteignungen. Die so genannte Marktvereinigung verlangte eine deutliche Reduzierung des Kaufpreises. Die Verhandlungen im Ministerium am 25. 10.1938 wurden auf der Verkäuferseite geführt von Arthur Fuchs, Philipp Fuchs und Dr. Albrecht Fuchs. Es gab schließlich folgendes Ergebnis: Reduzierung des Preises um 238.000 RM auf 1,356 Mill. RM. Den Eignern von HFS blieb keine andere Wahl als sich dem Druck zu beugen. Das Ministerium erteilte die Genehmigung, die Marktvereinigung auch, das Reichsforstamt zunächst nicht, sondern erst im März 1939, mit gewissen Auflagen an Schenck. Schnitzler wurde als Liquidator von HFS eingesetzt. Im Dezember 1939 war die Firma lt. Handelsregister aufgelöst. Das war nach mehr als 60 Jahren das Ende der einst so erfolgreichen Firma H. Fuchs Söhne, die von so vielen ‚Füchsen’ geprägt wurde, von Bernhard Fuchs (sen.) bis Bill Fuchs.

Nachlese zu diesem Kapitel: Im Zuge des sog. Restitutionsverfahrens nach dem Kriege aufgrund des Gesetzes Nr. 59 der Militärregierung wurde festgestellt, dass der von Schenck und Schnitzler zwischen August 1938 und Juli 1939 gezahlte Kaufpreis um 45% unter dem tatsächlichen Wert zum Zeitpunkt des Verkaufs lag. In zähen Verhandlungen erreichte Dr. Bill Fuchs, der als Bevollmächtigter für alle anspruchsberechtigten vormaligen Eigner zusammen mit dem Karlsruher Rechtsanwalt Dr. Reinhard Anders die Verhandlungen mit Schenck und Schnitzler führte, dass in einem Vergleich vom 27.1.1950 die Schenck AG immerhin 580.000 DM Nachzahlung leistete. Die Aufteilung dieser Summe auf die Anspruchsberechtigten erfolgte nach deren Quotierung am Gesellschaftskapital vor dem Zwangsverkauf. Dr. Bill Fuchs war an einem schnellen Abschluss der Verhandlungen sehr interessiert, damit die in finanziellen Nöten befindlichen ‚Füchse’ rasch zu ihrem Geld kommen konnten.


An dieser Stelle endet der Bericht über die Fuchs-Familien. Eine etwas detailliertere Beschreibung befindet sich als Einlage für das Gedenkbuch. Es sei an dieser Stelle
nochmals auf das Buch „Leben danach“ von Steffen Jacob verwiesen, das vor allem auch
ausführliche Berichte vieler über die Zeit nach der Emigration bringt.

(Wolfgang Strauß, April 2008)