Przysucha, Herta

Nachname: Przysucha
Vorname: Herta
Geburtsdatum: 14. Oktober 1911
Geburtsort: Lódź (Russland, heute Polen)
Familienstand: ledig
Eltern: Josef und Zilla P.
Familie: Schwester von Ella, Simon, Oskar und Moritz
Adresse:
Fasanenstr. 35,
Zähringerstr. 30
Beruf:
Verkäuferin Mithilfe im elterlichen Geschäft
Deportation:
1939 zwangsweise nach Polen

Biographie

Familie Przysucha

Josef und Zilla, Herta, Oskar, Moritz, Ella Przysucha; einziger Überlebender Simon Przysucha

Josef Przysucha wurde am 15. April 1887 in Lenkow im Bezirk Lodz im heutigen Polen, damals Russisch-Polen, geboren. Die Region war in der zweiten polnischen Teilung an Preußen gekommen, nach dem Wiener Kongress 1815 an Russland als so genanntes Kongress-Polen. Er war Ehemann von Zilla Przysucha, geborene Baranska, die ebenfalls in Russisch-Polen geboren wurde, in Lodz, am 10. Mai 1888. Das Ehepaar bekam fünf Kinder (zwei Töchter, drei Söhne), lebte zunächst in Lodz. Diese Stadt war Mitte des 19. Jahrhunderts als Textilindustriezentrum geradezu explosionsartig angewachsen, erst seit 1848 siedelten Juden dort. Nach dem Ersten Weltkrieg bestand in Lodz nach Warschau die zweitgrößte jüdische Gemeinde Polens, etwa ein Drittel der Stadtbevölkerung waren Juden. Von den 314.000 Einwohnern 1897 verstanden sich etwa 40 % als Deutsche. Lodz vereinte zu diesem Zeitpunkt sozusagen vier Kulturen, polnische, jüdische, russische und deutsche Einflüssen zeigten sich hier wie in einem Brennglas.
1913 kam die Familie Przysucha mit ihren ersten beiden Kindern, Herta, geboren am 14. Oktober 1911 noch in Lodz, und Simon, geboren am 22. Dezember 1913 ebenfalls in Lodz, nach Deutschland ins Elsaß nach Straßburg. Dort zog Josef Przysucha mit einem Partner einen Textilhandel auf. Warum sie Russland verließen, ist nicht überliefert. Wegen wirtschaftlicher Probleme, der bedrückenden russischen Politik gegenüber verschiedenen Volksgruppen und antijüdischer Stimmung verließen seit Ende des 19. Jahrhunderts viele Juden das Land, versuchten oft nach den USA zu gelangen, blieben dabei oft im westlichen Europa „hängen“. Vermutlich suchten auch die Przysuchas ein besseres Leben.
1914 begann der Erste Weltkrieg und Ausländer durften nicht länger im Reichsland Elsaß-Lothringen bleiben, deshalb mussten sie als „Russen“ aus dem Grenzland heraus jenseits des Rheins. So gelangte die Familie noch im Sommer 1914 nach Karlsruhe. Sie wohnten in der Karlsruher Altstadt, in der Fasanenstraße, wo Josef Przysucha als gelernter Schneider arbeitete. Er hatte auch im Krieg viel zu tun, sprach später davon, dass er in dieser Zeit Militärmäntel und Uniformen geschneidert oder ausgebessert habe. Zwei Jahre später kam ihr drittes Kind, Oskar, am 7. Juni 1916 nunmehr in Karlsruhe zur Welt.

Josef Przysucha war offensichtlich strebsam, konnte so 1919 das Haus Zähringerstraße 30 mit einem Geschäftslokal erwerben, gleichfalls in der Karlsruher Altstadt gelegen. Darin führte er zusammen mit seiner Frau Zilla ein Geschäft mit Gebrauchtwaren, hauptsächlich mit Kleidung und Schuhen, bisweilen auch billige neue Ware. Es war ein An- und Verkaufsgeschäft, auch als Trödelgeschäft bezeichnet, eine kleine aber alles in allem gesicherte Existenz. Übereinstimmend bezeichneten verschiedene Zeitpersonen, darunter auch Beamte, das Geschäft als das größte am Platz und als wohlgeordnet und -geführt. Im 1. Obergeschoss des Haus wohnte die Familie selbst in fünf Zimmern, im Erdgeschoss neben dem Ladengeschäft gab es noch ein Wohnzimmer. Der Stadtteil, auch „Dörfle“ genannt, war ein besonderes Quartier kleiner Leute, Zugewanderter, teilweise gescheiterter Existenzen, ein Viertel mit Prostitution und so eines mit einem besonderen Milieu. Josef Przysucha und sein Geschäft galten den für das Viertel zuständigen Polizeibeamten als „mustergültig“, da sie bei ihm nie wie anderswo Hehlerware fanden. Josef Przysucha selbst wurde von ihnen auch oft als Gewährsmann und Dolmetscher gebraucht und eingesetzt.

Nachdem die Familie Przysucha schon über fünfzehn Jahre in Deutschland lebte, und in der Zwischenzeit durch zwei weitere Kinder, Moritz, geboren am 7. Januar 1920, und Ella, geboren am 11. April 1928, weiteren Zuwachs bekommen hatte, stellte Josef 1929 einen Einbürgerungsantrag. Er beteuerte in diesem, dass alle seine Kinder deutsch erzogen seien und nur deutsche Schulen besuchten. Um seinen Antrag noch mehr zu kräftigen, versicherte er auch, dass seine Kinder keine Ahnung von Polen hätten und nur deutsch könnten, da ja auch nur zwei von ihnen in Polen auf die Welt gekommen seien. Er wolle auch vermeiden, dass seine Söhne später in gegebenem Alter polnische Soldaten werden müssten.
Die eingeholten Erkundigungen der Polizeibehörde zum Einbürgerungsantrag von Herrn Przysucha schilderten ihn als „ehrenvollen und deutschgesinnten Bürger“, welcher „der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig“ und dass „nichts nachtteiliges über ihn zu berichten“ sei. Fast schien es, dass der Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft nichts im Wege stünde. Doch bestanden zu diesem Zeitpunkt bereits enorme Ressentiments gegen Juden osteuropäischer Herkunft auch in staatlichen Stellen und über eine wirkliche Lobby verfügten die meisten jüdischen Einwohner aus Osteuropa als meist einfache und weniger wohlhabende Menschen kaum. Am 18. April 1931 kam die Ablehnung der Einbürgerung mit der Begründung, dass „ein Interesse des Reiches oder des Badischen Staates an Ihrer Einbürgerung nicht anerkannt werden.“ Die Stadt Karlsruhe hatte zuvor an das für das Einbürgerungsverfahren zuständige Polizeipräsidium Josef Przysucha sogar der Steuerhinterziehung beschuldigt. Die folgende Untersuchung des Finanzamtes bis in das Jahr 1931 hatte aber keine Unregelmäßigkeiten ergeben.
So mussten die Przysuchas ihre ungeliebte polnische Staatsbürgerschaft behalten, obwohl sie keinerlei Verbindung nach Polen hatten. Josef Przysucha hatte seit der Ankunft in Deutschland seinen polnisch klingenden Nachnamen in Psisucha umgeändert, weil er ihn deutscher klingen lassen wollte, hatte diesen Namen an sein Geschäft angebracht und auch so unterschrieben. Da dies nicht dem Namensrecht entsprach, musste er ihn auf behördlichen Beschluss 1929 wieder zum korrekten Geburtsnamen korrigieren. Die Familie gehörte offensichtlich der orthodoxen jüdischen Gemeinde mit ihrer Synagoge in der Karl-Friedrich-Straße an. Über ihr religiöses Leben, aber auch wie sie sonst den Alltag bewältigte wissen wir jedoch nichts.

Zwei der Kinder besuchten nach späteren Angaben von Simon Przysucha höhere Schulen. Allein von ihm lässt sich dies durch noch vorhandene Unterlagen bis ins Detail nachweisen. Er besuchte ab der 5. Klasse das Humboldt-Realgymnasium in Karlsruhe. Nach der 8. Klasse, der damaligen Regelschulzeit, verließ er das Gymnasium. Er war ein ziemlich guter Schüler in allen Fächern. An den Leistungen lag es also nicht, dass er keine Reifeprüfung ablegte. Vielleicht waren die Schulgebühren zu hoch oder er sah sich gefordert, rasch einen Beruf zu erlernen, um zum Familieneinkommen beizutragen? Nach zwei Jahren auf der Höheren Handelsschule arbeitete er von 1931 bis 1933 als Volontär und später als Verkäufer beim jüdischen Kaufhaus Hermann Tietz in der Kaiserstraße. Aufgrund der Gleichschaltungsmaßnahmen, d.h. der „arischen“ Übernahme der Geschäftsführung noch vor der eigentlichen „Arisierung“ wurde er wie viele andere jüdische Angestellte entlassen und war kurze Zeit ohne Arbeit. Von 1934 bis 1936 war er Lagerist bei der jüdischen Firma M. Weissmann in Karlsruhe-Mühlburg und anschließend seit 1936 bei der ebenfalls jüdischen Firma Max Bär, Eiswaren-Export als Expedient angestellt. Dort blieb er bis zur gewaltsamen Verbringung nach Polen 1938, seit 1937 war er verheiratet.
Der Sohn Oskar lernte nach der Schule das Dekorateur-Handwerk, Moritz machte eine Lehre zum Maschinenschlosser und die jüngste Tochter, Ella, besuchte 1938 noch die Schule. Sie musste allerdings seit 1936 in die getrennte Jüdische Schule gehen, wohin alle jüdischen Volksschüler gezwungen waren zu gehen.
Allein die älteste Tochter Herta arbeitete im Geschäft der Eltern mit. Oskar Przysucha verlobte sich im Frühjahr 1938 offiziell mit Irmgard Schuster. diese war am 2. Juli 1917 in Karlsruhe geboren worden und vermutlich kannten sich die beiden durch ihre unmittelbare Nachbarschaft in der Zähringerstraße. Die geplante Heirat kam nicht mehr zustande da Oskar Przysucha nach Polen abgeschoben wurde. Ende des Jahres 1938 konnte Irmgard Schuster in die USA emigrieren.

Da die Przysuchas den NS-Behörden als Polen galten, fielen die erwachsenen männlichen Mitglieder unter die so genannte Polenaktion. Das heißt, am 28. Oktober 1938 ließ das NS-Regime planmäßig in einer zentralen Aktion aufgrund eines Dissenses mit der polnischen Regierung über die Weiterbeständigkeit der polnischen Staatsangehörigkeit polnische und auch als staatenlos geltende Juden von Deutschland aus zwangsweise nach Polen deportieren. Da Polen gegen diese Willküraktion mit Grenzschließung reagierte und es zu internationalen Verwicklungen kam, mussten tausende von Menschen wochen- und monatelang an der Grenze im Niemandsland verbleiben, waren in Zbaszyn (Bentschen) in einem Lager. Darunter befand sich nun auch Josef Przysucha mit seinen Söhnen Simon, Oskar und dem gerade 18-jährigen Moritz. Simon war in der Nacht vor dem 28. Oktober in den Sporträumlichkeiten vom jüdischen Sportverein Hakoah in der Karl-Friedrich-Straße zusammen mit anderen von der Polizei verhaftet worden und über Nacht in das Gefängnis in der Akademiestraße (seinerzeit im Hof des Landgerichts) verbracht worden, ehe am nächsten Tag die Fahrt mit dem Zug über Mannheim ging. Zilla Przysucha, Herta und Ella blieben allein in Karlsruhe zurück.

In der Nacht zum 10. November 1938, der so genannten Reichskristallnacht, wurde auch das Geschäft der Familie Przysucha geplündert und zerstört.
Eine Bewohnerin des Hauses in der Zähringerstraße schilderte die schrecklichen Ereignisse jener Nacht:
Ca. 20 SS-Leute, so ihre Aussage, seien vor das Geschäft der Przysuchas angefahren und hätten es mit Gewalt aufgebrochen, die gesamte Ladeneinrichtung verwüstet und hätten viele Waren auf ihren LKW geladen. Auch das an das Geschäft grenzende Wohnzimmer sei zerstört worden. Das ganze habe ca. eineinhalb Stunden gedauert. Die in Karlsruhe zurückgebliebene Familie, Mutter Zilla mit Herta und der kleinen Tochter Ella erlebten das ganze in der Wohnung im 1. Obergeschoss, wohin der Terrortrupp sich aber zum Glück für sie nicht begab – ansonsten gibt es zahlreiche Berichte über Wohnungsstürmung und Terrorisierung in jener Nacht auch in oberen Stockwerken von Wohnhäusern. Die Frauen und das Mädchen trauten sich lange nicht nach unten. Zilla Przysucha war seit jener Nacht vollkommen verstört.

Die internationalen Proteste im Zusammenhang mit den Abschiebungen nach Polen 1938 führten zu dem Erlass, dass den Abgeschobenen erlaubt wurde, für kurze Zeit nach Deutschland zurück zu kehren, um geschäftliche Dinge zu regeln, dann mussten sie wieder zurück nach Polen. Das Geschäft der Przysuchas war seit dem Oktober und endgültig nach der Reichspogromnacht 1938 zum Erliegen gekommen. Josef Przysucha kam im März nach Karlsruhe zurück, um die verbliebene Familie nach Polen zu holen, denn dahin mussten nun auch die Frauen folgen andernfalls sie ausgewiesen worden wären. Vor allem ging es um den „Verkauf“ des Hauses Zähringerstraße 30. Ein gewisser Metzgermeister Karl R. hatte Interesse, da er seine bisherige Wurstküche aus hygienischen Gründen im alten Gebäude eines eigenen Anwesens in der Kronenstraße nicht weiterführen durfte. Ihm gelang es unter Hinweis auf angebliche Verrottung und nötige Renovierung den bereits behördlich niedrig festgelegten Verkaufswert zum Einheitswert von 20.200 RM auf 15.000 RM zu drücken. Schamlos berief er sich in seinen Eingaben an die Behörden zur Verkaufsgenehmigung auf seine alte NSDAP-Parteimitgliedschaft. Offensichtlich übte er auch Druck auf Josef Przysucha aus, ließ ihn vorgefertigte Schreiben unterzeichnen. Da das Verkaufsentgelt auf ein „Treuhänderkonto“ eingezahlt wurde, sah die Familie davon nichts. Josef Przysucha musste sich unmittelbar nach dem „Verkauf“ mit seiner Frau sowie den Töchtern Herta und Ella von Karlsruhe aus nach Lodz begeben. Von da an fehlen genaue Kenntnisse zum weiteren Lebensweg.

Zum Zeitpunkt des deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939, nur drei Monate nach der gewaltsamen Vertreibung der Przysuchas dorthin, lebten Josef und Zilla Przysucha noch in Lodz, neben Ella vermutlich auch Moritz und Oskar; letzteres ist aber nicht gesichert. Am 8. Februar 1940 wurde auf Betreiben der deutschen Generalgouvernement-Administration ein Ghetto in Lodz (kurz darauf Litzmannstadt eingedeutscht mit Bezug auf einen deutschen General des Ersten Weltkriegs) eingerichtet. Josef Przysucha oder vielleicht auch die ganze Familie aus Lodz kam nach Tomaschow, eine etwa 30 km südwestlich von Lodz gelegene Kleinstadt, eine kleine Industriestadt mit hauptsächlich Textilfabrikation und etwa der Hälfte jüdischer Bevölkerung. Eventuell geschah dies noch vor der Ghetto-Errichtung in Lodz, möglich ist aber auch, das Josef Przysucha zur Zwangsarbeit dorthin verpflichtet war. Das letzte was gesichert ist, ist die Nachricht der Mutter an ihren Sohn Simon Przysucha in Palästina, dass der Vater am 10. August 1940 verstorben sei. Die Strapazen der Verfolgung hatten ihn zermürbt. Von Zilla, Herta, Ella, aber auch von Moritz Przysucha wurde nichts mehr gehört. Sie gehören zu den fast zwei Millionen Juden in Polen, die Opfer des Holocaust wurden. Wie ihr Schicksal verlief, wird sich wohl nie mehr feststellen lassen. Vermutlich kamen Zilla, Herta und Ella getrennt von Moritz und Oskar in eines der seit 1939/40 durch deutsche Stellen massenhaft im besetzten Polen errichteten Ghettos. Entweder starben sie bereits dort oder sie wurden bei der sukzessiven Liquidierung der Ghettos durch SS und Wehrmacht in eines der Vernichtungslager wie Chelmno, Treblinka, Majdanek oder Auschwitz verbracht.
Oskar Przysuchas Leidensweg liegt ebenfalls weitestgehend im Dunkel, doch fast am Kriegsende gibt es nochmals ein Lebenszeichen aus dem hervorgeht, dass er im KZ Sachsenhausen gewesen war. Das Zugangsbuch des KZ Flossenbürgs - eine weitere Station - verzeichnet ihn als Zugang aus dem KZ Sachsenhausen am 6. Februar 1945. In Flossenbürg blieb er nicht lange, noch vor der Räumung des KZs im April ist vermerkt, dass er am 22. März 1945 nach dem KZ Natzweiler-Struthof kommandiert wurde. Dieses KZ existierte zu diesem Zeitpunkt nur noch mit seinen zahllosen Außenlagern, vor allem im südwestdeutschen Raum. In welches von diesen Lagern Oskar Przysucha gekommen sein soll, bleibt unklar. Danach fehlt jedes weitere Lebenszeichen von ihm. Er muss in den letzten Kriegstagen sein Leben verloren haben.

Allein Simon Przysucha überlebte von der einst siebenköpfigen Familie. Im Dezember 1937 hatte er in Karlsruhe die ein Jahr jüngere Jenny Salzmann (geboren 17. Oktober 1914 in Karlsruhe) geheiratet, sie wohnte quasi um die Ecke in der Fasanenstraße. Ihre Eltern waren ebenfalls einst aus Russisch-Polen nach Karlsruhe gekommen. Das Ehepaar hatte bis zur Abschiebung Simons am 28. Oktober 1938 im elterlichen Haus in der Zähringerstraße 30 im 2. Obergeschoss gelebt. Simon Przysucha war ebenfalls im März 1939 für kurze Zeit nach Karlsruhe zurückgekommen. Dann war er zusammen mit Ehefrau Jenny nach Warschau gegangen. Die jungen Leute begaben sich aber im Juni 1939 nach Palästina, auf illegalem Weg. Die britische Mandatsbehörde für Palästina hatte seit 1939 die Einwanderung von Juden strikt begrenzt. So wurde Simon von den britischen Mandatsbehörden bei der Ankunft in Haifa interniert, im Lager Athlit. 1940 erlangte er die Freilassung, indem er sich verpflichtete, für die britische Mandatsverwaltung zu arbeiten, was er bis 1946 tat. Danach arbeitete er als Polsterer. 1940 und 1943 bekam das Ehepaar zwei Söhne. Simon Przysucha arbeitete seit 1946 als Dekorateur, die Familie lebte seit der Gründung des Staates Israel in Tel Aviv. Die Umstände scheinen aber keine glücklichen gewesen zu sein. Die genauen Beweggründe hat er auch nie offen angesprochen, doch im Jahre 1953 kehrte die Familie nach Karlsruhe zurück. Simon Przysucha betrieb das Wiedergutmachungsverfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz. Dabei musste er viele Verletzungen erfahren. Der Tod der Eltern und Geschwister war in keiner Weise wieder gutzumachen, aber das Gesetz sah auch noch nicht einmal eine Geldentschädigung für diese Morde vor, weil sie ihm als bereits zum Zeitpunkt der Tat Erwachsenen formal nicht zugestanden wurde. Die vierköpfige Familie lebte in unsicheren Verhältnissen, Simon Przysuchas Versuch, sich eine Existenz im Textilhandel aufzubauen war nicht von Erfolg beschieden. Offensichtlich zermürbt, hörte er 1966 auf, weiter den Wiedergutmachungsantrag zu verfolgen. Ein Jahr später begab er sich in die USA. Dort leben heute noch die beiden Söhne. Seit 1967 aber gab es keine Verbindung mehr der Familie mit Karlsruhe.

(Daniela Moshel, 12. Klasse Lessing-Gymnasium, Juli 2008)